Sperrrippen

Zerstörungsfreie Schlossöffnung, Fragen zu den verschiedenen Werkzeugen und freier Informationsaustausch

Moderatoren: Retak, Crocheteur

Benutzeravatar
Christian
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 11184
Registriert: 13. Sep 2009 17:17
Eigener Benutzer Titel: Fischfleisch
Wohnort: Essen / RUHR2010
Kontaktdaten:

Re: Sperrrippen

Beitrag von Christian »

wenn ich es richtig verstehe,
also kann auch z.B. bei einem selbstverriegelten Schloss, wo eine viertel Umdrehung zum offen machen reicht, auch von einem nicht berechtigten Schlüssel Zugang gewährt werden. Bei einer Schliessankage kann das ja schon peinlich sein...
Es gibt nur eine legitime Einstellung

Benutzeravatar
Retak
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 11396
Registriert: 29. Dez 2004 12:00
Wohnort: 16359 Biesenthal

Re: Sperrrippen

Beitrag von Retak »

Nun ja, innerhalb der Anlage wird es keinen nichtberechtigten Schlüssel geben, bei dem die Rippe fehlt und alles andere (Profil und Einschnitte) stimmt. Eine Gefahr würde hier "nur" von illegal nachgemachten Schlüsseln ausgehen.
Was es allerdings gibt, ist die sogenannte "bedingte Schliessbarkeit". Hierbei ist ein Teil der Sperrrippe ausgeschnitten. Je nach Ausführung der zugehörigen Kernbohrung und des darin befindlichen Stiftes kann der Kern dann nur um einen bestimmten Winkel oder in nur einer Richtung ganz herum gedreht werden. Eine typische Anwendung sind Mitarbeiterschlüssel: Ist die Tür (ausserhalb der Arbeitszeit) abgeschlossen, kann ein Mitarbeiter nicht öffnen, da der Schlüssel nicht ganz herumgereht werden kann. Ist die Tür nur zugezogen, kann sie mit dem Mitarbeiterschlüssel geöffnet werden, da dieser dann nur die Falle zurückziehen muss, wozu eine Drehung von ca. 110° ausreicht.

Benutzeravatar
ImSchatten360
Community Rückgrat
Community Rückgrat
Beiträge: 868
Registriert: 9. Sep 2009 13:20
Wohnort: Berlin/Cottbus
Kontaktdaten:

Re: Sperrrippen

Beitrag von ImSchatten360 »

Was ist denn eigentlich der Unterschied zwischen Sperr-Rippe und Sperr-Nocke.
Sind Sperr-Rippen die durchgehenden Stege und Sperr-Nocken die kurzen Stege?

Benutzeravatar
Christian
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 11184
Registriert: 13. Sep 2009 17:17
Eigener Benutzer Titel: Fischfleisch
Wohnort: Essen / RUHR2010
Kontaktdaten:

Re: Sperrrippen

Beitrag von Christian »

Ursprünglich hiess das mal Sperrippen-Labyrinthprofil, oder so... ich glaube das selbst die bei ZEISS IKON damit durcheinander kommen...
löl
Es gibt nur eine legitime Einstellung

Benutzeravatar
Retak
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 11396
Registriert: 29. Dez 2004 12:00
Wohnort: 16359 Biesenthal

Re: Sperrrippen

Beitrag von Retak »

Sperrrippen-Labyrinthprofil hat lange und kurze seitliche Stifte, die Rippe hat einen oder mehrere Einschnitte. Diese Bauart ist bei Anlagenzylindern die gebräuchliche, da die Sperrrippe in die Anlagencodierung mit einbezogen werden kann.
Bei Einzelschliessungen ist meist nur ein kurzer Stift auf jeder Seite, die Rippe am Schlüssel ist durchgehend oder nur an der Position des Stiftes vorhanden, das ist dann das eigendliche Sperrrippenprofil.
Sperrnocken sagt mir jetzt gar nichts.

Benutzeravatar
ImSchatten360
Community Rückgrat
Community Rückgrat
Beiträge: 868
Registriert: 9. Sep 2009 13:20
Wohnort: Berlin/Cottbus
Kontaktdaten:

Re: Sperrrippen

Beitrag von ImSchatten360 »

Habe mal ein Bild von der Sperr-Nocken Verpackung mit Schlüssel gemacht.

Schließylinder mit Sperr-Nocke (Verpackung + Schlüssel) ~ 70KB

Benutzeravatar
gs33
Graf
Graf
Beiträge: 422
Registriert: 23. Okt 2008 09:19
Wohnort: Kerpen

Re: Sperrrippen

Beitrag von gs33 »

Retak hat geschrieben: Was es allerdings gibt, ist die sogenannte "bedingte Schliessbarkeit". Hierbei ist ein Teil der Sperrrippe ausgeschnitten. Je nach Ausführung der zugehörigen Kernbohrung und des darin befindlichen Stiftes kann der Kern dann nur um einen bestimmten Winkel oder in nur einer Richtung ganz herum gedreht werden. Eine typische Anwendung sind Mitarbeiterschlüssel: Ist die Tür (ausserhalb der Arbeitszeit) abgeschlossen, kann ein Mitarbeiter nicht öffnen, da der Schlüssel nicht ganz herumgereht werden kann. Ist die Tür nur zugezogen, kann sie mit dem Mitarbeiterschlüssel geöffnet werden, da dieser dann nur die Falle zurückziehen muss, wozu eine Drehung von ca. 110° ausreicht.
Die Bedingte Schließbarkeit wird nicht über die Sperr-Rippe realisiert. Bei einem Zylinder mit Bedingter Schließbarkeit unterscheiden sich die letzten Einschnitte der jeweiligen Schlüssel. Der letzte Gehäusestift ist bei diesen Zylindern aus Stahl und ist oben verjüngt, hat also nur einen Durchmesser von 2mm. Im Zylinderkern ist eine Nut eingefräst mit 2mm Breite, die aber nicht ganz um den Kern herum geht sondern an einer Seite unterbrochen ist so daß man den Kern in eine Richtung um ca. 220° und in die andere Richtung um 90° drehen kann.
Auf dem Kernstift liegt ein Aufbauplättchen. Wird nun der Schlüssel genommen, der vollständig schließen darf, dessen letzter Einschnitt flacher ist als der des anderen Schlüssels, verbleibt das Aufbauplättchen im Zylindergehäuse. Da das Aufbauplättchen einen Durchmesser von 3mm hat, kann es nicht in die Nut eintauchen und der Kern kann vollständig gedreht werden.
Wird dagegen der Schlüssel mit der Bedingten Schließbarkeit genommen, dessen letzter Einschnitt tiefer ist, bleibt das Aufbauplättchen im Kern, der Kernstift wird also beim Drehen des Kerns von der Gehäusefeder gegen diesen gedrückt, taucht dann in die Nut ein, so daß der weitere Schließweg blockiert wird.
Die Bedingte Schließbarkeit wurde meist an Schulen eingesetzt, wo die Lehrer tagsüber in die Schule kommen, nachts, wenn der Hausmeister abgeschlossen hat, jedoch nicht mehr.

Benutzeravatar
gs33
Graf
Graf
Beiträge: 422
Registriert: 23. Okt 2008 09:19
Wohnort: Kerpen

Grundsätzliches zum Zeiss Ikon Sperr-Rippenprofil

Beitrag von gs33 »

Hier ein paar grundsätzliche Worte zum Zeiss Ikon Sperr-Rippenprofil:

Das Sperr-Rippenprofil wurde meines Wissens Ende der 70er Jahre entwickelt und auf den Markt gebracht. Der Schlüssel unterscheidet sich von den herkömmlichen Schlüsseln durch die Sperr-Rippe, die links und rechts am Schlüssel angebracht ist. Die Sperr-Rippe geht fast über die ganze Schlüssel-Länge.
Auf Höhe des fünften Einschnittes, befindet sich ein kleiner Stift, der abtastet, ob die Sperr-Rippe vorhanden ist. Fehlt die Sperr-Rippe, wird der Schließweg blockiert. In ungünstigen Fällen kann es allerdings mit den heutigen Zylindern dazu kommen, daß der Wechsel auch mit einem Schlüssel betätigt werden kann, dessen Sperr-Rippe fehlt. dazu muß man aber wissen, daß Zeiss Ikon-Schließzylinder früher immer einen 90°-Schließbart hatten und der Schließbart grundsätzlich zur Bandseite zeigen mußte. wird ein solcher Zylinder falsch eingebaut, wird in Schlüsselabzugsstellung bereits der Wechsel betätigt. Zwar nicht vollständig, aber es wird der auf der Wechselstange lastende Federdruck auf den Schließbart ausgeübt, was dazu führt, daß man im ungünstigsten Fall den Schlüsel nicht mehr einstecken kann.
Zu dieser Zeit also, wurde der Schließweg ausreichend blockiert. Zur Verdeutlichung habe ich ein Schnittmodell angefertigt, das das Prinzip der Sperr-Rippe verdeutlicht.

Hier ist die Sperr-Rippe vorhanden:
mit Rippe.jpg
Der Gehäusestift wird vom Abfragestift der Sperr-Rippe in das Zylindergehäuse gedrückt, und der Kern kann vollständig gedreht werden.



Hier ein ähnlicher Schlüssel, dessen Rippe allerdings fehlt:
ohne Rippe.jpg
Der Gehäusestift wird nicht mehr in das Gehäuse gedrückt, sondern taucht in den Kern ein, wodurch der weitere Schließweg blockiert wird.
Bei diesem Zylinder kann man den Kern dann wieder zurückdrehen und den Schlüssel wieder herausziehen. Diese Zylinder konnten aber auch mit Fangeinrichtung geliefert werden. Dann hatte Der Zylinderkern an dieser Stelle einfach ein Loch, in dem sich der Gehäusestift verfing, der Kern konnte also weder vor- noch zurückgedreht werden, der Schlüssel war gefangen. Serienschließungen waren grundsätzlich mit Fangeinrichtung ausgestattet. Das kann natürlich auch beim Picken passieren, was allerdings nicht schlimm ist, da man den Abfragestift einfach mit einem Halbdiamanten eindrücken kann, wodurch der Kern wieder freigegeben wird. Genau so kann man den Kern auch weiterdrehen, wenn man den Zylinder gepickt hat und an die Stelle kommt, wo der Kern blockiert.
Die Sperr-Rippe geht zwar fast über den gesamten Schlüssel, wirklich gebraucht wird sie aber nur am fünften Einschnitt, denn dort sitzt immer der Sperr-Rippenstift, egal, ob es sich um ein fünf- oder siebenstiftiges System handelt. Wohlbemerkt nur bei Schließanlagen.
Dann gab es noch die Sperrnocke. Bei diesen Zylindern ist dann wirklich nur dort eine Erhöhung, wo die Sperr-Rippe auch abgefragt wird. Auf jeder Seite jeweils eine. So wurden dann Kundenprofile für Schlüsseldienste gemacht, das ging, glaube ich, von 1RN bis 10RN, es können aber auch mehr sein, das weiß ich nicht genau.

Eine Sonderausstattung war das Sperr-Rippenprofil mit Labyrinthsicherung. Eine Schließanlage konnte entweder mit Labyrinthsicherung ausgestattet sein oder ohne. Im letzteren Fall ging die Sperr-Rippe einfach durch.
Die Labyrinthsicherung funktionierte genau umgekert. An insgesamt fünf Positionen pro Seite kann ein Labyrinthstiftsitzen. Dort ist dann ein Loch in den Kern gebohrt, das genau auf der Sperr-Rippe auskommt. Ist die Rippe an der Stelle, wo der Stift sitzt, vorhanden, wird der Stift in die Nut im Zylinderhäuse gedrückt und der Zylinderkern kann nicht gedreht werden. Die Nut kann man auf den Bildern recht gut sehen, sie ist oben rechts oder links, wo auf den Bildern der Gehäusestift sitzt.
Die Labyrinthsicherung konnte in Schließanlagen auch variiert werden, so daß man eine Mehrfachausnutzung der Profile realisieren konnte. An der Stelle, wo der Labyrinthstift sitzt, ist die Sperr-Rippe unterbrochen.

Der Nachteil an den Sperr-Rippenzylindern ist wohl das sehr breite und großzügige "Schlüsselloch". Für die Betreiber einer solchen Schließanlage gibt es allerdings einen großen Vorteil: Die Schlüssel können bis heute nicht nachgemacht werden. Auch wenn die Patentrechte abgelaufen sind, ist die Herstellung der Rohlinge zu aufwendig, so daß man einen Sperr-Rippenschlüssel noch nirgends nachmachen kann. Ich rede dabei jetzt allerdings von Lieschen Müller, die in einen Schlüsseldienst oder zur Easy Entry-Maschine im Baumarkt geht.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
Crocheteur
Korinthos Kakos
Korinthos Kakos
Beiträge: 9535
Registriert: 10. Aug 2006 12:00
Eigener Benutzer Titel: Onkel Crochi halt
Wohnort: Stuttgart

Re: Sperrrippen

Beitrag von Crocheteur »

Boah - Retak II :respekt: !

Super Erklärung und noch bessere Bilder :yes: !

Liebe Grüße, Crocheteur
Bild

Benutzeravatar
kamikaze
Eigner
Eigner
Beiträge: 2386
Registriert: 18. Okt 2009 13:40
Eigener Benutzer Titel: Lockpickdesigner...
Wohnort: Hagen/Westfalen

Re: Sperrrippen

Beitrag von kamikaze »

Ja,wirklich sehr Ausführlich und gut verständlich. :yes:
" KEIN ZYLINDER IST UNPICKBAR"
kamikaze

Antworten