Tresore und ihre Füllungen

Hier geht es um Tresor-, Zuhaltungs- und Elektronikschlösser
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carl johnson
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Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von carl johnson »

Hallo zusammen,

nach längerer Pause hier mal wieder eine Fachfrage für das Publikum:

Ich lese zur Zeit mal wieder intensiv über Sicherheitstechnik, zur Zeit Patente zur Tresoren und Wertschutzbehältnissen.

In mehreren Patenten habe ich nun im wesentlichen diesselbe Idee gefunden:
z.B. in WERTSCHUTZWANDELEMENT (von Kaba, EP 2 930 295 A1) werden in einen 'normalfesten' Kunststoff Korundteilchen und Autoreifenschnitzel - die mehrfach übereinander liegen und dabei die ganze, mindestens aber 80% der Fläche abdecken - eingebracht.
Laut Angabe im Patent würde eine so geformte Schicht der Dicke 80mm (und zwei 1,5mm Dechplatten vorne & hinten) einen Widerstandswert V (ECB S) und bei einer Dicke von 115mm sogar die Klasse iX (2mm Blechplatten beidseitig) erreichen.

Es gab wohl zeitweise auch den Chubb Planet Tresor, der wohl so eine Mischung verwendet haben muß, aber nicht mehr verkauft wird.

In Light Weight Vault Door (US 4489663) werden Keramikfließen auf flexible Polymerschichten geklebt.

In Panzermasse für einen Tresor (Burg Wächter, EP 0 348 556A) wird beschrieben im Stand der Technik Teil beschrieben, daß Autoreifenschnitzel in Beton oder polymerer Vergußmasse Stand der Technik seien.


Hat jemand mit so einer Füllung mit Gummischnipseln schon mal Erfahrungen gemacht. Sind diese Mischungen wirklich so effektiv? Worin liegt hier die Schwierigkeit?


In Reinforced structure (EP 1 125 729 A1, enthält keine Reifenschnitzel) wird dann auch mal eine Beispielprüfung nach ECB-S vorgerechnet:
Das Entfernen der Stahlverkleidung außen scheint wohl kein großen Problem darzustellen. Amlängsten ist man wohl mit der (Beton)füllung beschäftigt. Ist das auch so richtig in der Praxis?

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hawk28
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Re: Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von hawk28 »

Ich hatte mal das vergnügen meinen verbrannten Tresor aufzuschneiden, hier waren Gummischrot und abrasive Körnungen im Beton vergossen.

Das stinkt, qualmt und rußt furchtbar die Flexscheiben sind auch wie Eis in der Sonne abgeraucht und mit Hammer und Meißel gibt alles nach.

In der Summe hält das auf und erschwert das Öffnen, was ja auch damit beabsichtigt ist.
cu hawk

MartinHewitt

Re: Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von MartinHewitt »

RU2466260C1 ist ein Patent von Promet für eine Tresorwand. Ausserdem noch DE484815C1 und DE675737C1 von Bode-Panzer.

Zwei grundsätzliche Dinge zu diesen Patenten:
1) Patente dürfen einfach behaupten ohne, dass eine Eigenschaft wirklich belegt werden muss. Es reicht, wenn eine Argumentation halbwegs plausibel ist.
2) Werkzeugwechsel kosten in der Praxis Zeit und in Tests bringt eine größerer Bedarf an Werkzeugen Punkte. Deswegen ist die Kombination verschiedener Materialien, die einen Werkzeugwechsel erzwingen beliebt um Zeit zu gewinnen. Z.B. bohrt man fröhlich gelaunt mit seinem Betonbohrer durch den Beton als es *krch* macht und der Bohrer an einem Korundbrocken stumpf geworden ist. Man fängt dann mit diesem Bohrer sein Häufchen an stumpf gewordenen Bohrern an und macht sich Gedanken, was man mit dem Korundbrocken anstellt, der im Weg ist.

Worin genau der Gewinn durch die Gummischnipsel liegt, kann ich Dir nicht beantworten. Ich denke mal, sie sind auch beim Bohren sehr zäh und dämpfen vielleicht auch rabiate Gewalteinwirkung ab und vermeiden so größeren Schaden. Gummi oder PU scheint jedenfalls weit verbreitet zu sein.

carl johnson
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Re: Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von carl johnson »

Das in Patenten das besagte durchaus ein bisschen "ausgeschmückt" sein darf, kenne ich schon zu gut aus meiner Arbeit (nicht Sicherheitstechnik). Leider stellen sie im Thema Tresorbau die einzige vernünftige Informationsquelle dar.
Gibt es hier auch Bücher?

Bisher war nun aus dieser Literatur mein Eindruck, daß die vergleichsweisen dünnen Stahlplatten der Ummantelung nur unwesentlich zur Sicherheit beitragen.
Das geht soweit, daß ein Patent explizit eine Tresortür aus Beton darstellt, während in den meisten anderen die Deckplatten optional oder prozesstechnisch sind. Ob das so stimmt kann ich leider nicht beurteilen. Sinn machen würde es zumindest. Mit winkelschleifer auftrennen und dann abhebeln.

Der Hauptteil der Sicherheits kommt wohl durch die Füllung. Das scheint hauptsächlich hochfester Beton nach Stand der Technik der Baubranche mit geringen Wasserzementwert, Betonverflüssiger, Flugasche, Silica Fume und diversen Zuschlagstoffen, vorzugsweise Stahlfasern, Hartsteinchen (vorzugsweise zwischen 5-8mm) und Stahlbewehrung in Form von Gittern, Stahlschienen, gekrümmten und gebogenen Bewehrungen und eben Gummischnitzeln.

Angegriffen wird scheinbar hauptsächlich mit einem großen Hämmerle und Meisel. Hier findet man aber nur in einem kleinen Anteil der Schriften Informationen.

Ps.d die zitierten Sachen lese ich erst heute Abend. Depatisnet ist leider nicht Handytauglich.

worgan
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Re: Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von worgan »

Gummi schmiert sich bei erhitzenden Werkzeugen um die Fressflächen bzw. federt bei Schlagwerkzeugen, ohne selbst oder bei der Schicht darüber nennenswerten Fortschritt erreichen zu lassen.
Lieber die Katze auf dem Arm als den Tiger im Tank.


MartinHewitt

Re: Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von MartinHewitt »

carl johnson hat geschrieben:Gibt es hier auch Bücher?
Nicht, dass ich wüßte. Abgesehen von Patenten ist es ja eher Betriebsgeheimnis. Die einzige andere Quelle, die noch in Frage kommt, ist ein vertrauender Tresortechniker.
carl johnson hat geschrieben:Bisher war nun aus dieser Literatur mein Eindruck, daß die vergleichsweisen dünnen Stahlplatten der Ummantelung nur unwesentlich zur Sicherheit beitragen.
Das hängt von der Tresorklasse ab. Bei S1/S2/1 ist es mMn schon so, dass man sich nur auf die Baustahlbleche verläßt ("Leichtbauweise"). Bei 2 und und noch eher 3 wird es dann eher zur Verpackung.
carl johnson hat geschrieben:Der Hauptteil der Sicherheits kommt wohl durch die Füllung. Das scheint hauptsächlich hochfester Beton nach Stand der Technik der Baubranche mit geringen Wasserzementwert, Betonverflüssiger, Flugasche, Silica Fume und diversen Zuschlagstoffen, vorzugsweise Stahlfasern, Hartsteinchen (vorzugsweise zwischen 5-8mm) und Stahlbewehrung in Form von Gittern, Stahlschienen, gekrümmten und gebogenen Bewehrungen und eben Gummischnitzeln.
Kunststoff, Aluminium (verschmiert auch Trennscheiben), Kupfer (leitet die Wärme ab und schützt vor Schneidbrennern)
carl johnson hat geschrieben:Angegriffen wird scheinbar hauptsächlich mit einem großen Hämmerle und Meisel. Hier findet man aber nur in einem kleinen Anteil der Schriften Informationen.
Du kannst Dir mal den Werkzeugkatalog in EN1143 ansehen. Da gibt es schon Kernbohrer, Winkelschleifer, Elektrohämmer, thermische Lanzen.
carl johnson hat geschrieben:Ps.d die zitierten Sachen lese ich erst heute Abend. Depatisnet ist leider nicht Handytauglich.
http://patents.google.com geht ganz gut.

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Re: Tresore und ihre Füllungen

Beitrag von mhmh »

Lustige Texte teilweise - erinnern mich an „Aufgesägte Tresore säumen Russlands Straßen...“
:)

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