Zwei Fragen zu Tresorthemen

Hier geht es um Tresor-, Zuhaltungs- und Elektronikschlösser
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Tresorkäufer
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Zwei Fragen zu Tresorthemen

Beitrag von Tresorkäufer »

Bei Surfen im Internet bin ich auf Aussagen von der Firma Rheinland-Tresore gestossen, die ich hier gekürzt wiedergebe:


Zitat Anfang:

Reduzierung der Wandstärken und des Gewichtes.
Baukastenprinzip: Im Gegensatz zu den D1-, D2- sowie E-Schränken ist die Wanddicke bei allen Stufen identisch. Die Armierung und der Füllstoff unterscheiden sich jedoch.
Die Einbruchsicherheit sollte mindestens gleichwertig zu den Stufen D1, D2 und E sein.
Wie bei den D1, D2 und E-Panzerschränken ist der Wand und Türaufbau exakt definiert.

................

Die Einstufung der Sicherheit wurde durch "Widerstandseinheiten (WE)" bestimmt. Diese wurden durch einen Koeffizienten (WE/min) und einen Basiswert der Werkzeuge errechnet. Die Grenzwerte waren dabei wie folgt festgelegt: Die Einbruchs-Werkzeuge waren auf dem damaligen Stand der Technik, sind allerdings schlechter einzustufen als die der heutigen EN 1143-1.
Die Prüfzeit berechnet sich aus der Hauptzeit /Zeit, in der das Wertbehältnis mit Werkzeugen angegriffen wird), einer vorgegebenen Rüstzeit pro Werkzeug sowie einer vorgegebenen Nebenzeit pro Werkzeug.
Hierdurch sollte die Prüfung reproduzierbar werden. Sie wurde allerdings auch etwas komplexer und führte zum Teil zu sehr kleinen Abstufungen: Ein Spiralbohrerwechsel wurde z.B. mit 9 Sekunden, das Anfahren des Kronenbohrers mit 9,6 Sekunden und ein Wechsel der Sauerstofflanze mit 10,2 Sekunden berechnet.

..................

Vergleichbarkeit von D10, D20 und E10 mit EN 1143-1

Beim Betrachten von D10-, D20- und E10-Schränken von außen wirken diese durch ihre Wanddicke als sehr aufbruchsicher. Die Dicke der Wandung ist allerdings nur ein Teil, der zur Sicherheit eines Schrankes beiträgt. Sicherheitstechnisch sind D10, D20 und E10 allgemein wie folgt einzuschätzen:


•Hoher Widerstandswert gegen Zertrümmern.
•Geringer Widerstandswert gegen Angriffe mit Bohrmaschine (in der RAL-Norm war nur eine Bohrmaschine mit 500W Leistung enthalten).
•Zahlreiche Ansatzpunkte und Schwächen beim Türaufbruch.

Die oft zitierte Gleichwertigkeit D10 = Widerstandsgrad III nach EN 1143-1, D20 = Widerstandsgrad V nach EN 1143-1 sowie E10 = Widerstandsgrad VI nach En 1143-1 ist stark vereinfacht und technisch nicht korrekt. Solche Vergleichstabellen beziehen sich meistens nur auf die Schaffung eines "Handloches" in der Wandung im Schrank.

Vergleichsprüfungen an den Türen haben gezeigt, dass die RAL-Schränke bei einer Prüfung nach EN 1143-1 schlechter einzustufen sind. dies liegt an der unterschiedlichen Philosophie der EN 1143-1, die einen höheren Wert für den Türangriff als für den Wanddurchbruch angibt.

Da unterschiedliche Werkezuge in der EN- und der RAL- Norm eingesetzt werden, schwankt, je nach Konstruktionsart, die Sicherheit der Panzer-Geldschränke. Teilweise reichen schon zwei gezielte Bohrungen mit den Werkzeugen der EN 1143-1 aus, um die Tür eines "Panzerschrankes" zu öffnen. Da sich zusätzlich die Prüfmethode der EN 1143-1 weiterentwickeln, sind Vergleiche zwischen Normen generell nicht sinnvoll. Jeder einzelne Schrank muss separat bewertet werden. Die in der Tabelle angegebenen Werte dienen daher nur als Richtwert.


Zitat Ende


Frage 1:
Ich bin verwirrt durch die Darstellung "schon zwei gezielte Bohrungen". Nach meinem Verständnis könnte man entweder zwei Bohrungen bei ZKS in das Innere des ZKS vorbringen um dann endoskopisch zu versuchen die Scheiben entsprechend zur Öffnung einzustellen? Was aber, wenn ein ZKS mit einem Protector-Lafettenschloß kombiniert ist?
D1, D2, oder auch D10, D20 haben zwei Schlösser, die kann ich auch nicht durch nur zwei Bohrungen -auf die Befestigungspunkte der Schlösser wegbohren, so dass diese nach hinten "wegfallen" und die Riegelwerke freigeben.... Zudem haben in meiner Vorstellungswelt D1, D2 und D10, D20 auch Notverriegelungen...- oder wurde das etwas nicht zwingend gefordert?



Frage 2 zu historischen Leicher-Produkten:
Der legendäre 151er war der kleinste Schrank in D10/D20. Ist bekannt was von den Baugrößen bei Leicher der kleinste Schrank in C1 / C2F war?

MartinHewitt

Re: Zwei Fragen zu Tresorthemen

Beitrag von MartinHewitt »

Auch bei Schränken nach EN 1143-1 reicht häufig pro Schloss eine Bohrung, wenn man sich auskennt und keine Notverriegelung auslösen muss. Aber eine Bohrung kann sehr lange dauern und Einbrecher kennen sich eigentlich nie aus.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch nochmal darauf hinweisen sich mit der Erkennung von Promet-Schränken vertraut zu machen.

fripa10
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Re: Zwei Fragen zu Tresorthemen

Beitrag von fripa10 »

Die Behauptungen dieser Firma sind zum großen Teil Unsinn und wohl nur der Absicht geschuldet, Besitzer der guten alten Schränke dazu zu bringen, einen "modernen" Schrank zu kaufen. Am besten bei der Fa. Rheinland, von der ich vorher noch nie etwas gehört habe.

Einen Schrank der nur mit einem mechanischen ZKS ausgestattet ist, den kann man mittels einer Bohrung an der richtigen Stelle und speziellem Werkzeug öffnen. Dieses läßt sich aber durch bestimmte Vorkehrungen am ZKS verhindern.

Nur ist das ja gerade der Vorteil der genannten D10, D20 und E10, daß diese eben nicht nur auf ein ZKS setzen, sondern ein Schlüsselschloß hoher Güte zusätzlich haben. Dabei handelt es sich meist um ein KROMER Protector mit vorgelagerter Lafette. Mit einer zweiten "gezielten Bohrung" ist dieses nicht zu öffnen, mal ganz abgesehen davon, daß es aus Stahl besteht. Aber es heißt ja auch, "teilweise" seien Schränke so zu öffnen. Meinen LEICHER kann ich sogar ohne Bohrungen öffnen, kraß oder? :D

Wir wissen ja spätestens seit dem Bericht über die Firma MCR Geldschrank Vertriebs-GmbH, daß die Schränke der Konkurrenz weich wie Schuhkarton und praktisch offen sind. Einmal straight die Brechstange reingeknallt und auf sind die Dinger. Die das behauptet haben, sind aber schon an einem simplen B-Schrank verzweifelt.

Merkwürdig ist nur, daß man Bilder von gewaltsam geöffneten alten Panzergeldschränken kaum mal sieht, von den modernen Schränken aber ziemlich oft. Auch ist die Meinung in Fachkreisen einhellig, daß die alten Schränke sicherer sind. Das lag unter anderem daran, daß bis Anfang der 1990er Jahre noch die Konstrukteure entscheiden konnten, wie ein Schrank gebaut wird, danach wurde ihnen betriebswirtschaftlich reinregiert. Dann war nicht mehr die technisch beste Lösung die richtige, sondern die mit der man den Profit optimieren konnte. Das sieht man am Aufwand der betrieben wurde, bei Riegelwerk, Wandungen, Stärke von Hartgußplatten und Armierungen, sogar an den Türbändern.

Geradezu lächerlich ist die behauptete leichte Aufbrechbarkeit der Türen an den alten Schränken, denn ausgerechnet diesem Punkt wurde damals besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da die Brechstange früher erfunden war, als so manche heute verfügbare Maschine. Die Verriegelungen waren damals regelmäßig solider.

Letztlich hat der HOSSBACH doch sehr überzeugend bewiesen, was von einer Zertifizierung nach VdS IV in der Realität zu halten ist. Ein alter D10, D20 oder E10 wurde weder in Billiglohnländern zusammengeschissen, noch dort "zertifiziert". Vielmehr hat man da noch gute deutsche Wertarbeit, aufwendigere Konstruktionen und gute Qualität, gefertigt nach belastbaren Normen Deutschlands. Da reicht keine Flex durch die Wandung, was bei den "modernen" Schränken meist geht, und aus irgendwelchen Gründen sieht man besonders viele Fotos, bei denen genau das ausgenutzt und Löcher in die Wandungen geschnitten werden.

Wenn Rheinland sich richtig ins Zeug legt, war in den 80er und 90er Jahren wahrscheinlich nur der Einbruch noch nicht erfunden, sonst wäre praktisch nichts sicher gewesen. Was mich wundert ist, daß aber selbst Banken nie von ihren Versicherungen dazu bewegt wurden, auf Wertraumtüren und Tresore nach VdS umzustellen, wenn sie "alte" haben.

So, ich hole mir erstmal eine gescheite Bohrmaschine, räume ca. 500 bis 1.000 alte Panzergeldschränke aus und kaufe mir dann von der Beute einen soliden Rheinland-Tresor. löl

Tresorkäufer
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Re: Zwei Fragen zu Tresorthemen

Beitrag von Tresorkäufer »

Fripa10....Dein letzter Absatz ist herzerfrischend! Danke auch an Martin Hewitt. Ich habt mir letztendlich meine eigenen Gedankengänge zu dem Thema bestätigt.

fripa10
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Re: Zwei Fragen zu Tresorthemen

Beitrag von fripa10 »

Tresorkäufer hat geschrieben:Ich habt mir letztendlich meine eigenen Gedankengänge zu dem Thema bestätigt.
Die hätte ich Dir auch bestätigen können, aber man will ja auch was Eigenes. :D

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