worgan hat geschrieben:Ich bin erwerbsunfähig.
Dafür müßtest Du Bestandsrentner sein, mit Rentenbeginn vor dem 1.1.2001.
Aktuell wäre eine Rente wegen voller Erwerbsminderung denkbar, die aber von den Zugangsvoraussetzungen und den Rentenleistungen her anders geregelt ist.
Ohne da nun auszuschweifen, nehmen wir mal hypothetisch an, Du würdest objektiv die Voraussetzungen dieser Rentenart erfüllen. Dann hättest Du ein Prüfverfahren bei der Deutschen RV durchlaufen, in deren Zuge Du durch einen Prüfarzt der DRV begutachtet worden wärest. Dieser erstellt ein sozialmedizinisches Gutachten und nimmt darin zu den von ihm festgestellten medizinischen Tatbeständen und der daraus resultierenden Beurteilung Deiner Erwerbsfähigkeit Stellung.
Nehmen wir nun an, er hätte Deinen Zustand fehlerhaft eingeschätzt und Deine objektiv bestehende volle Erwerbsminderung nicht bestätigt. Die Leistungsabteilung der DRV würde dann Deinen Rentenantrag ablehnen und, soweit der Prüfarzt das empfohlen haben sollte, ggf. z. B. eine Reha verfügen.
Nehmen wir weiterhin an, eine Reha gab es nicht, oder diese brachte keine Besserung des Gesundheitszustandes. Du dürftest aber eine angebotene Reha nicht abgelehnt haben (Mitwirkungspflicht).
Du hättest an dieser Stelle vier Wochen Zeit, Widerspruch gegen die Ablehnung der Rente einzulegen (DRV). Es folgt ein Vorverfahren im Hause der DRV, an dessen Ende entweder ein Abhilfebescheid steht, dieser würde nunmehr Deinem Begehren ganz oder teilweise entsprechen, oder einen Widerspruchsbescheid (weiterhin Ablehnung der beantragten Rentenleistung).
Gegen einen belastenden Bescheid könntest Du dann binnen vier Wochen Klage beim SG erheben. In dieses Klageverfahren gingest Du mit der Tatsache, daß es bereits ein Gutachten zur Sache gibt, nämlich das der DRV. Dieses wiegt aber nicht allzu schwer, da es meist durch die andere Partei selbst erstellt wurde. Es gibt allerdings auch Fälle, wo ein externer Gutachter das Gutachten erstattet hat, der hat schon etwas mehr Gewicht. Den Wert eines auf Anordnung des Gerichts erstellten Gutachtens erreicht aber auch dieses externe Gutachten nicht.
Deine eigenen Darlegungen zu Deinem Gesundheitszustand und Deine persönliche aber laienhaften Einschätzung wird das Gericht zwar zur Kenntnis nehmen, nur haben diese keinerlei Beweiskraft. Hier kommt nun der am SG geltende Amtsermittlungsgrundsatz zum Tragen, wonach das Gericht von Amts wegen verpflichtet ist, den Sachverhalt aufzuklären. Da dem Gericht (Juristen) die Sachkunde auf medizinischem Gebiet fehlt, bestellt das Gericht einen Gutachter.
In Deinem Fall gehen wir nun davon aus, daß er Dein Leistungsvermögen entgegen den objektiven Tatbeständen so eingeschätzt hat, daß Du auf die beantragte Rente keinen Anspruch hättest. An dieser Stelle wäre nun ggf. der richterliche Hinweis zu erwarten, daß die Klage keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte und es wird angefragt, ob Du Deine Klage zurücknehmen möchtest. Das möchtest Du nicht.
Das Verfahren wird also fortgesetzt und das SG wird Deine Replik auf das vorliegende gerichtliche Sachverständigengutachten erhalten und prüfen. Dabei muß sich das Gericht sowohl zum GA als auch zu Deiner Replik eine Meinung bilden und in vielen Einzelpunkten für sich abwägen, was es für glaubhafter hält. Beachtlich sind insbesondere nicht schlüssig dargelegte Aspekte, Befunde, die nicht nachvollziehbar sind, Behauptungen, die nicht objektivierbar sind. Von Dir monierte Ausführungen im Gerichtsgutachten werden geprüft, unter anderem auch indem man nachsieht, was der Gutachter der DRV zu dem Punkt geäußert hat. Sollten beide Gutachter einer Meinung gewesen sein und Du nicht stichhaltige Argumente bringen, die deren Aussage als offensichtlich unrichtig oder falsch überführen, wird das SG sich eher den Gutachtern anschließen.
Natürlich kann die richterliche Würdigung am Ende zu einem anderen Ergebnis gelangen, als es zunächst den Anschein hatte. Dieses könnte man schon noch abwarten. Allerdings ist das sehr sehr unwahrscheinlich bei Gutachten, die in fast keinem Punkt Einschränkungen darlegen, so daß man sehr viele Punkte als fehlerhaft überführen müßte.
Nehmen wir jetzt an, das Gericht kommt in freier richterlicher Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, Dir steht die streitbefangene Rente nicht zu. Und weil es Dir ja um die Klagerücknahme geht, fingieren wir hier einen erneuten Hinweis des Gerichts, es gibt Dir zu verstehen, daß Deine Klage nach Ansicht des Gerichts wohl abzuweisen sei und fragt an, ob Du evtl. jetzt Deine Klage zurücknehmen möchtest. An diesem Punkt ist es praktisch auszuschließen, daß etwas Anderes als die Klageabweisung herauskommt. Du nimmst daher Deine Klage zurück.
An Deiner objektiven Erwerbsfähigkeit hat sich dadurch freilich nichts geändert. Aber: Du hast keine gerichtliche Entscheidung gegen Dich, die - wenn auch zu unrecht - bestätigt, daß Du nicht erwerbsgemindert bist. Die DRV kann dann die Gerichtsentscheidung nicht bemühen, um Dir bei künftigen Rentenanträgen noch mehr Steine in den Weg zu legen und Du hättest in einem künftigen Rechtsstreit die Chance, auf eine andere oder anders besetzte Kammer beim Gericht zu treffen, die die Sache vllt. anders sieht. Bestünde dann allerdings schon eine richterliche Entscheidung, auf die die DRV garantiert verweisen würde, hast Du noch mehr gegen Dich.
Wenn Du objektiv nicht arbeiten kannst, dann kannst Du es nicht. Es ist schließlich unmöglich zu arbeiten, wenn das nicht geht. In der Regel verlierst Du dann Deine Arbeit und wirst erwerbslos und somit ein Kunde der Agentur für Arbeit. Wenn die Dich über eine gewisse Zeitspanne hinweg nicht vermitteln können, oder von vornherein zu dem Schluß gelangen, daß Du so kaum wirst arbeiten können, sorgen die schon dafür, daß Du begutachtet wirst. Da die nicht vermittelbare Klienten aber aus ihrer Statistik kriegen wollen, hast Du jetzt eine Unterstützung eines Amtes, das Dich in die Rente überführen will. Nun bist nicht Du der Ansinnende, sondern das Amt. Das sind wesentlich bessere Voraussetzungen, zu der Rente zu kommen. Da hast Du Deinen Endeffekt.