VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

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Krümelmonster
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VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von Krümelmonster »

Hallo liebe Forenmitglieder,
ich habe da mal eine Frage an die Experten unter euch...
Bei der Suche nach einem neuen Schließzylinder sind für mich aus Kosten- und Sicherheitsgründen folgende Produkte in die engere Wahl gekommen:
Winkhaus X-tra XT
CES WR 910
Evva ICS
Alle drei Schließzylinder bekommt man laut Herstellern optional mit VDS-Gütesiegeln. Während man den ICS zumindest bei einigen Anbietern (z.B. bei BLV) mit VDS Siegel (+35,70 Euro) oder ohne bestellen kann, bekommt man den CES im Internet immer nur mit und den Winkhaus ohne diese Zusatzoption. Nach einem Telefonat mit der Firma Winkhaus, wo ich die Frage stellte, worin sich den die beiden Produkte (mit und ohne VDS Gütesiegel) unterscheiden würden und wo ich denn als Kunde einen X-tra mit VDS-Siegel kaufen könnte, teilte man mir mit, dass das optionale Gütesiegel nur für Versicherungen wichtig wäre. Der Keytec X-tra mit VDS-Siegel wäre demnach technisch identisch mit dem Keytec X-tra ohne VDS-Siegel. Stimmt das??? Heisst das also im Umkehrschluss auch, dass das beim ICS genauso ist? Zahlt man also fast 36 Euro mehr für ein und das gleiche Produkt, nur, damit der Produzent damit werben darf, ein solches Siegel führen zu dürfen oder aber haben die VDS-Varianten doch einen erhöhten technischen Schutz gegen ziehen, bohren, picken und schlagen??? Noch eine Möglichkeit kam mir dann in den Sinn... Bringen die Hersteller womöglich erst ein Produkt mit hohen Sicherheitsvorkehrungen auf den Markt, lassen es vom VDS testen und bekommen dann das Gütesiegel, um anschließend dann unter dem gleichen Produktnamen eine Variante auf den Markt zu bringen, die weniger wertig ist (dafür aber auch günstiger)? In diesem Fall würden die Käufer glauben, ein Produkt mit VDS-Siegel zu kaufen, das in Wirklichkeit gar keins (mehr) hat... Scheinbar hat die Stiftung Warentest aus einem ähnlichen Grund auch den CES 810 vor ein paar Jahren enorm abgewertet (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=SWHqc0fRYCM ).
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mhmh
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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von mhmh »

Ich glaube, dass die meisten Hersteller ihre VdS Varianten auch teurer ausstatten, mit mehr Hartmetall gegen Zerstören. Beim Protec2 VdS ist das definitiv so. Der ist auch etwas länger, um das ganze Material unterzubringen.

fripa10
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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von fripa10 »

VdS ist die Abkürzung für den Verband der Sachversicherer. Die Versicherungen stellen für bestimmte Objekte, das sind private Wohnungen und Häuser in aller Regel NICHT, bestimmte Anforderungen an deren (Mindest-)Sicherung.

Um nachweisen zu können, welchen Sicherheitsanforderungen ein Beschlag, ein Schließzylinder, ein Tresor, eine Alarmanlage ... usw. genügt, prüft der VdS für die Hersteller der Sicherheitstechnik deren Produkte und verleiht ihnen ggf. ein entsprechendes Zertifikat und eine Sicherheitseinstufung in eine der mehreren VdS-Klassen.

Damit ein Schließzylinder die Anerkennung nach VdS-Klasse I erhalten kann, muß er gegenüber normalen Schließzylindern einige Merkmale aufweisen, die nicht generell vorhanden sind. Dazu zählt eine bestimmte Anzahl an möglichen verschiedenen Schließungen (Schlüsselvielfalt), mehrfach überlappende parazentrische Schlüsselkanalprofile, aber auch ein erhöhter Schutz vor dem Aufbohren, etwa durch den Einbau von Hartmetallstiften.

Einige Schließzylinderkonstruktionen haben von Haus aus jene Merkmale, bei denen ist es faktisch eine Formsache, sie vom VdS prüfen und zertifizieren zu lassen. Der VdS macht das nicht für lau, die Kosten legen dann die Hersteller natürlich auf den Produktpreis um, einen etwaig nötigen technischen Zusatzaufwand gegenüber der Grundvariante sowieso.

Für die allermeisten Privathaushalte spielt es keine Rolle, ob ein Zylinder VdS-zertifiziert ist oder nicht, weil dort die Versicherungen keinen zertifizierten Zylinder verlangen. Beispielsweise mit dem EVVA ICS würdest Du auch ohne VdS-Anerkennung nichts falsch machen, solange Du einen Schutzbeschlag davor hast, der einen Ziehschutz hat. Dann hättest Du mit diesem Zylinder einen besseren Schutz, als mit so manchem anderen Produkt, das mit einer VdS-Marke protzt.

Selbst EVVAs Flaggschiff, den MCS, kann man ohne VdS-Zertifizierung kaufen, dabei stellt er auch so in vielerlei Hinsicht so gut wie jeden anderen mechanischen Zylinder in den Schatten.

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stefan-1
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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von stefan-1 »

"VdS" gibt es mit Sternchen (für Laien, ähnlich SKG) oder in der herkömmlichen, technisch genaueren Buchstabenversion (A, B, BZ(+)).

BZ+ ist dann doch reichlich stabil, A ist eher einfach gestrickt. Die Preisunterschiede sind deshalb erheblich.

Ein "normaler" ICS in Verbindung mit einem guten(!) Ziehschutzbeschlag (ES2) reicht durchaus. Normalmenschen in Normalwohnungen sind schon mit einem PZ88 und ES1-Beschlag gut versorgt, wenn man damit einen hohlen Druckgussbeschlag und Baumarktzylinder ersetzt. Lieber Geld in Schließblech und Bandsicherung (Aushebesicherung bei den Scharnieren der Tür) investieren.

Wenn du ein Firmengebäude mit EMA und Blockschloss hast - in selbiges gehört ein BZ+-Zylinder und am besten davor ein Geminy-Beschlag. Wer nicht weiß, was EMA und Blockschloss bedeutet, der hat das auch nicht und braucht i.d.R. auch keinen BZ(+)-Zylinder.

fripa10 war schneller ;)

S.
Errebi 4 * 3KS * 2x MCS * 1 Lampenschlüssel :devil: * M auf DVD :devil:
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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von tomasfuk »

fripa10 hat geschrieben:Selbst EVVAs Flaggschiff, den MCS, kann man ohne VdS-Zertifizierung kaufen...
Soweit ich weiß, kann man nicht den MCS mit VdS-Zertifizierung kaufen.

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Christian
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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von Christian »

tomasfuk hat geschrieben:....
Soweit ich weiß, kann man nicht den MCS mit VdS-Zertifizierung kaufen.
was nicht automatisch bedeuten muss das dieser Zylinder schlecht ist. Es wohl von EVVA nicht veranlasst das der VDS sein Gütesiegel da drauf macht. Die Evva-Verkaufsstrategen sind vermutlich der Meinung dass die Kunden die den MCS in Erwägung ziehen diesen auch ohne "Segnung" des Verbandes zu kaufen.
stefan-1 hat geschrieben:Normalmenschen in Normalwohnungen .... PZ88 und ES1-Beschlag gut versorgt .... Schließblech und Bandsicherung .... .
Fripa der 10'te und Stefan der 1ste haben da ganz recht, ich hätt da auch nichts anderes geschreibselt.
Ich bin sogar so mutig und behaupte das für eine Wohnung mit normaler "Pressspantüre" so ein hohler Baumarktbeschlag gut genug ist. Hauptsache der Zylinder ist gegen Rohrzangenatakke gesichert. Und statt PZ88 darf es auch 810, 333, 0531, C83, E20 oder 1400 sein ...
Es gibt nur eine legitime Einstellung

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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von Krümelmonster »

Danke für eure schnellen und ausführlichen Antworten.
Das man für ein Normalmenschen-Haus nicht unbedingt ein VDS zertifizierten Schließzylinder braucht, ist und war mir bewusst. Meine Frage ging eher in eine andere Richtung. Mich würde interessieren, ob mir jemand von euch sagen kann, ob die VDS-Varianten von Evva, Winkhaus oder CES sich bautechnisch von den Varianten ohne VDS Siegel gleicher Typbezeichnung unterscheiden oder aber ob man dort "nur" das Siegel selbst bezahlt?
stefan-1 und mhmh scheinen Bauunterschiede auszumachen, aber die Aussage von Firma Winkhaus ging in die andere Richtung. Hier wurde mir durch die Blume gesagt, dass ich bei der teureren VDS-Option den baugleichen Zylinder mit dem VDS-Siegel bekomme (für mein Sicherheitsbedürfnis und für die Versicherer). Was kann ich enn nun glauben???
Hat der ICS für 36 Euro mehr einen verbesserten Bohrschutz, Stahlstifte oder ähnliches oder nur den Aufdruck "VDS"?

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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von fripa10 »

tomasfuk hat geschrieben:
fripa10 hat geschrieben:Selbst EVVAs Flaggschiff, den MCS, kann man ohne VdS-Zertifizierung kaufen...
Soweit ich weiß, kann man nicht den MCS mit VdS-Zertifizierung kaufen.
http://www.evva.de/fileadmin/_migrated/ ... tt_MCS.pdf :)

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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von fripa10 »

Die VdS-Zylinder die mir bekannt sind, unterscheiden sich in gewissen Details von den Brüdern ohne VdS-Anerkennung. Beispiel ABUS-Pfaffenhain, Standard der Baureihe V14 (=V410), sind dort Gehäusestifte aus Messing und Kernstifte aus Neusilber, das erste und dritte Stiftpaar bestehen aus Stahl. Bei der VdS-Version (=VB410) sind alle Kernstifte und die Vollstifte im Gehäuse aus Messing mit Bohrschutzeinlage, zusätzlich gibt es im Zylinderkern und im Gehäuse je zwei Bohrschutzstifte. Der Rest ist identisch.

Nachvollziehbar dürfte sein, daß ein an sich schon sehr guter Zylinder höchstens noch im Detail verändert werden muß, um den höheren Sicherheitswert zu bringen. Ein bloßes Etikettieren ist es wahrscheinlich nicht, aber ob die konkreten Aufrüstungen erstens den Aufpreis rechtfertigen und zweitens wirklich immer eine Verbesserung in praktischer Hinsicht bewirken, sei dahingestellt.

Den erwähnten ABUS-Pfaffenhain kann man dann zwar kaum aufbohren, aber gegen Abreißen, Schlagschlüssel oder Picking schützt er nicht besser als die Version ohne die VdS-Klasse B. Da kann man sich VdS B einrahmen lassen, wenn der Einbrecher blöderweise nicht bohrt, sondern pickt.

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Re: VDS-Gütesiegel für Schließzylinder

Beitrag von tomasfuk »

fripa10 hat geschrieben:
tomasfuk hat geschrieben:
fripa10 hat geschrieben:Selbst EVVAs Flaggschiff, den MCS, kann man ohne VdS-Zertifizierung kaufen...
Soweit ich weiß, kann man nicht den MCS mit VdS-Zertifizierung kaufen.
http://www.evva.de/fileadmin/_migrated/ ... tt_MCS.pdf :)
Das ist aber eine alte Version des Datenblattes. In der aktuellen Version spricht man über SKG Zertifikation.

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