Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Zerstörungsfreie Schlossöffnung, Fragen zu den verschiedenen Werkzeugen und freier Informationsaustausch

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T3rz
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Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von T3rz »

Hallo Leute,

ich führe gerade in einem anderen Forum ein Streitgespräch, in dem es um die Sicherheit von mechanischen Schlössern geht. Nun gibt es die Behauptung eines Users, dass man mit einem Gewerbeschein als Schlüsseldienst (also der Dienst, der Schlüssel kopiert, nicht die, die Türen öffnen) bei den Herstellern von Schlössern den Zugriff auf deren Datenbank bekommt, in der man nach einem Schließ "Code" zu einer Adresse bzw. Schlüsselnummer suchen kann und danach ein Fräs-Code bekommt, mit dem man den Schlüssel nachmachen kann. Oder den Schlüssel beim Hersteller bestellen kann.

Ich sage, dass es ohne Sicherungskarte so nicht geht.
Kann mir da von euch jemand sagen, was tatsächlich möglich ist?

Um es genauer zu sagen: Meine Behauptung ist, dass ich mich mit einem Tele-Objektiv hinstelle und ein Foto vom Schlüssel schießen kann. Der andere behauptet, dass er mit etwas Kapital auch so an die Information über den Hersteller herankommt. Wer hat da recht?

meister
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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von meister »

Schlüssel mit Sicherungskarte (ausgenommen natürlich Eigenbau der Schlüsseldienste) werden ausschließlich im Werk des Herstellers angefertigt, dazu muss die Sicherungskarte eingelesen werden oder ein Bestellformular mit einem Abdruck der Karte eingeschickt werden.

Kein Hersteller wird ohne Legitimationsnachweis solche sensiblen Daten wie Schließpläne herausgeben, auch nicht an Schlüsseldienste.

Und erst recht werden bei geschützen Profilen keine Fräscodes rausgegeben.

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mhmh
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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von mhmh »

Schlüssel zu einer Adresse einfach so? Wohl eher nicht.

Aber denk mal anders herum: Du hast eine Gewerbeimmobilie im Rahmen einer Zwangsversteigerung gekauft, und da ist eine Schliessanlage drin. Du bekommst Schlüssel, aber keine Sicherungskarte, und möchtest weitere Schlüssel, z.B. den GHS. Der Hersteller wird schon irgendwie eine Möglichkeit anbieten, eine neue Sicherungskarte zu erstellen und dann Schlüssel nachzubestellen.

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Retak
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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von Retak »

Das tut der Hersteller aber erst, nachdem ihm, zB. durch einen Grundbuchauszug, nachgewiesen wurde, dass der "sicherungskartenlose" Besteller auch wirklich Eigentümer des Gebäudes und somit der Schliessanlage ist. Beim Ersatz einer, wie auch immer, verlorenen Sicherungskarte, wird die alte Karte ungültig. Wenn man so eine alte Schliessanlage beibehalten will, sollte aber sichergestellt sein, dass kein Schlüssel, vor allem kein übergeordneter, fehlt.
Ich hab allerdings auch schon mal gelesen, dass es unter Schlossherstellern schwarze Schafe gab bzw. gibt, die beispielsweise Schliessdaten oder auch Schlüssel an die bösen Buben von den 3-Buchstaben-Vereinen geliefert haben (in USA müssen sie das möglicherweise sogar).
Um aus einer Schlüsselnummer die Schliess- und Fräsdaten zu ermitteln gibts eine kommerzielle Datenbank namens Instacode, wo man gegen eine monatliche Miete Zugriffsrechte buchen kann. Das funktioniert aber nur bei Standardschliessungen (zB. Möbel- oder Briefkastenschlüssel), nicht bei Schliessanlagen. Für die Software von CNC-Schlüsselfräsen gibt es auch solche Datenbanken, da ist die Nutzung bestimmter Bereiche aber nur möglich, wenn ein entsprechender Vertrag mit dem zugehörigen Schlosshersteller, zB. im Rahmen eines Eigenprofils besteht.

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stefan-1
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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von stefan-1 »

Geht es um reine Listen "Schließungsnummer - Fräsdaten" (wie z.B. BKS PZ88 oder EVVA S-Profil) oder um individuelle Nummern von Sperrschließungen?

Erstere sollte jede bessere Codemaschine kennen, Zugriff auf die letzteren bekommen nur Vertragshändler, und da teilweise nur "bessere" Händler, die dann u. U. auch bestimmte Werksschließungen nachfertigen dürfen. Das geht soweit, dass die vom Hersteller bezogene Spezialmaschine erst nach Onlinefreigabe den Schlüssel fräst. Also Kunde kommt, Sicherungskarte wird eingelesen, Maschine bekommt die Daten und fertig. Aber das ist wie gesagt nicht mal eben so mit einem Gewerbeschein machbar.

Soweit zum "Schlüssel nach Code" machen. Kopieren eines vorgelegten Schlüssels ist ein anderes Thema. Mit bestimmten Maschinen (Easy, King) kann man sich passende Rohlinge machen, danach mit "normalen" Maschinen kopieren. Allerdings gelten da immer die gewerblichen Schutzrechte (Patent, Gebrauchsmuster, Marke usw.).

Aber auch bei erloschenen Patenten kopiert man nicht einfach drauf los. Ohne Legitimation macht von den hiesigen Örtlichen keiner bspw. einen GPI oder 2000S. Einfach, weil es sich nicht gehört. Andersrum muss man keinen Werksschlüssel bestellen, wenn die alte GPI-Anlage zusätzliche Schlüssel braucht und eben der Auftraggeber sich legitimiert und den Schließplan dabei hat. Man kann also schon reinen Gewissens Geld verdienen, ohne Anlagen zu kompromittieren.

Können: mit der nötigen Erfahrung und Ausrüstung sehr viel.
Dürfen: deutlich weniger.
Tun: noch ein klein wenig weniger. Wenn man nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung aus ist.

S.
Errebi 4 * 3KS * 2x MCS * 1 Lampenschlüssel :devil: * M auf DVD :devil:
Kromer Protector * MP Elite 27

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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von T3rz »

stefan-1 hat geschrieben:Geht es um reine Listen "Schließungsnummer - Fräsdaten" (wie z.B. BKS PZ88 oder EVVA S-Profil) oder um individuelle Nummern von Sperrschließungen?
Ich kann es dir so leider nicht sagen. Nehmen wir mal an, du gehst in einen Baumarkt und kaufst dir dort einen Zylinder der etwas besseren Preisklasse. Auf den Schlüsseln steht eine Nummer und es gibt eine Sicherungskarte. Die Behauptung eines Kollegen ist, dass ein "Evil Schlüsseldienst" anhand der eingravierten Nummer auf dem Schlüssel ohne Sicherungskarte sich entweder den Schlüssel oder ein Fräsprofil besorgen kann.

Im Übrigen aus der Praxis:
Ich hatte mal eine Eigentumswohnung in einem Wohnkomplex. Die Schließungen waren alle relativ komplex, verschiedene Häuser, verschiedene Zugangsrechte, etc. Die Verwaltung wollte von mir damals 60€ für einen weiteren Schlüssel haben. Ich ging also zum freundlichen Schlüsseldienst, der einen Profilfräser hatte und schon hatte ich nach ein paar Minuten zu einem Bruchteil eine Kopie des Schlüssels.

fripa10
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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von fripa10 »

T3rz hat geschrieben:Ich hatte mal eine Eigentumswohnung in einem Wohnkomplex. Die Schließungen waren alle relativ komplex, verschiedene Häuser, verschiedene Zugangsrechte, etc. Die Verwaltung wollte von mir damals 60€ für einen weiteren Schlüssel haben. Ich ging also zum freundlichen Schlüsseldienst, der einen Profilfräser hatte und schon hatte ich nach ein paar Minuten zu einem Bruchteil eine Kopie des Schlüssels.
Das mag Dir zwar Geld gespart haben, war aber rechtlich in jeder Hinsicht unzulässig. Diese nach Deiner Beschreibung komplexe Schließanlage gehörte nicht Dir, sondern der Eigentümergemeinschaft insgesamt. So warst Du als lediglich Miteigentumsanteilsinhaber schon nicht befugt, einen Schlüssel auf eigene Faust anfertigen zu lassen, da er gemeinschaftliches Eigentum betrifft.

Zudem verliert der eingesetzte Verwalter und damit die Eigentümergemeinschaft den Überblick über im Umlauf befindliche Schlüssel, die vorliegend offenbar mehr Türen geschlossen haben, als nur Deine eigene Wohnung. So entsteht für die Eigentümergemeinschaft ein Sicherheitsrisiko, da am Ende nicht mehr nachzuvollziehen ist, wer tatsächlich noch welche Türen schließen kann. Hättest Du beispielsweise einen nachgefertigten Schlüssel behalten, als Du die Wohnung an den neuen Eigentümer oder Mieter übergeben hast, wärest schon mal Du derjenige, der ohne Wissen der übrigen Eigentümer (und des ggf. neuen Eigentümers Deiner vormals eigenen Wohnung) einen "schwarzen" Schlüssel hat.

Zu guter Letzt kann die Sicherheit der Schließanlage durch derartige Schlüssel kompromittiert werden, beispielsweise deshalb, weil das original dem Schlüssel verliehene Profil nicht 100%ig kopiert wird, sondern irgendwelche Rippen oder Stufen "eingespart" werden. Der Schlüssel kann dann zwar Deine Wohnung schließen, womöglich aber darüber hinaus Schließberechtigungen erlangt haben, die ihm planmäßig gar nicht gebühren. Das mag Dir zwar wurscht sein, die Frage ist nur ob Du das auch dann so gesehen hättest, wenn durch andere Eigentümer das auch so praktiziert worden wäre und diese dann möglicherweise ohne Dein Wissen Zugang zu Deiner Wohnung erlangt hätten.

Zumindest aus dem gesamten dritterstellten Schließanlagenbereich sollten sich Schlüsseldienste mit eigenen Schlüsselnachfertigungen nach meiner Ansicht strikt heraushalten. Aber auch hier ist der Mensch der Fluch seiner selbst, der Eine will auf Teufel komm raus sparen und der Andere auf Teufel komm raus verdienen.

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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von T3rz »

fripa10 hat geschrieben: Das mag Dir zwar Geld gespart haben, war aber rechtlich in jeder Hinsicht unzulässig. Diese nach Deiner Beschreibung komplexe Schließanlage gehörte nicht Dir, sondern der Eigentümergemeinschaft insgesamt. So warst Du als lediglich Miteigentumsanteilsinhaber schon nicht befugt, einen Schlüssel auf eigene Faust anfertigen zu lassen, da er gemeinschaftliches Eigentum betrifft.
Das ist ja jetzt Off-Topic, aber lass uns auch mal das Thema besprechen:
Die Wirklichkeit ist noch schlimmer, denn die Schließanlage hatte rechtlich keinen Eigentümer. Die Schließanlage war in 10 Häusern verbaut die je eine eigene Eigentümergemeinschaft hatten. In den ersten 4 Jahren war dort überall der gleiche Verwalter drin, doch seit ein paar Jahren gibt es dort 5 Verwalter.

Fraglich finde ich, wieso ich nicht befugt bin, einen Schlüssel auf eigene Faust anzufertigen. Rein rechtlich sehe ich da absolut kein Problem. Und wenn der Schlüssel mehr aufschließt, als er darf, so what?
fripa10 hat geschrieben: Zudem verliert der eingesetzte Verwalter und damit die Eigentümergemeinschaft den Überblick über im Umlauf befindliche Schlüssel, die vorliegend offenbar mehr Türen geschlossen haben, als nur Deine eigene Wohnung. So entsteht für die Eigentümergemeinschaft ein Sicherheitsrisiko, da am Ende nicht mehr nachzuvollziehen ist, wer tatsächlich noch welche Türen schließen kann. Hättest Du beispielsweise einen nachgefertigten Schlüssel behalten, als Du die Wohnung an den neuen Eigentümer oder Mieter übergeben hast, wärest schon mal Du derjenige, der ohne Wissen der übrigen Eigentümer (und des ggf. neuen Eigentümers Deiner vormals eigenen Wohnung) einen "schwarzen" Schlüssel hat.
Hmm... Sicherheitsrisiko?
In dem Häuser-Komplex waren (afaik 10) Häuser mit je ca. 20 Wohnungen. Alle Häuser waren miteinander über eine TG verbunden. Aus der TG (Fluchtweg) gelangte man in jedes Haus ohne Schlüssel. Und bei 200 Wohnungen glaube ich kaum, dass bis heute kein einziger Schlüssel verloren gegangen ist. Außerdem können Eindringlinge warten und hinter einem Fahrzeug, das gerade in oder aus der TG fährt, in die TG rein. Oder auch irgendwo klingeln - jemand macht schon auf. Deshalb fällt es mir da schwer von einem Sicherheitsrisiko zu sprechen.

fripa10 hat geschrieben: Zumindest aus dem gesamten dritterstellten Schließanlagenbereich sollten sich Schlüsseldienste mit eigenen Schlüsselnachfertigungen nach meiner Ansicht strikt heraushalten. Aber auch hier ist der Mensch der Fluch seiner selbst, der Eine will auf Teufel komm raus sparen und der Andere auf Teufel komm raus verdienen.
Sorry, aber ich sehe es absolut nicht ein, die Wucher-Preise der Verwalter für die Schlüssel zu zahlen. Und wenn diese Preise aufgerufen werden, müssen die sich nicht wundern, dass jemand aus diesem System "ausbricht". Ich war übrigens auch nicht der einzige, der sich eine "schwarze" Kopie anfertigen ließ.

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Re: Was kann alles ein Schlüsseldienst machen?

Beitrag von mhmh »

T3rz hat geschrieben:Fraglich finde ich, wieso ich nicht befugt bin, einen Schlüssel auf eigene Faust anzufertigen. Rein rechtlich sehe ich da absolut kein Problem
Fripas Gesetz sagt das: "Wer unbefugt Schlüssel nachmacht oder verfälscht, oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Fripas Zorn nicht unter zwei Jahren bestraft."
In offiziellen deutschen Gesetzbüchern hingegen findet man m.E. dazu keine Aussagen.


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