Anfänger bastelt sich Spanner und Picks
Verfasst: 3. Dez 2017 14:07
Hi,
ich hasse Autoscheibenwischer. Neuerdings.
Warum? Wie ich in https://www.koksa.org/viewtopic.php?f=46&t=21257 erwähnt hatte, hat man mir das Anfänger-Pickset vom Buchhändler bei der Post aus dem Karton gefingert. Drin war nur noch ein nicht allzu interessantes Buch für einen guten Euro, der bekannte Trick, um die Versandpauschale zu vermeiden. Hab' zwar sofort eine Gutschrift gekriegt, aber natürlich immer noch keine Spanner und Picks im Hause.
Zum Selbermachen wird vor allem empfohlen, sich die Flachfeder aus Scheibenwischerblättern zu besorgen, aber ich hab' kein Auto, die nächsten Werkstätten sind Stunden bei einer Roundtour per Bus entfernt und Schrottplätze Tagesreisen mit dem Fahrrad weit weg (der nächste ist, glaube ich, der von den Ludolfs). Ich könnte noch meinen Laubbesen ausschlachten, der in allen Bastelanleitungen unter dem Titel "Straßenkehrerborsten" als Materiallieferant empfohlen wird (habe ich erst spät kapiert), aber der begleitet mich seit fast 20 Jahren. Er hat zwar nur um drei Mark bei Praktiker gekostet, aber ich hab' das Scheißding, das mit seiner blechernen Verstellschraube nie fest zu kriegen war, so oft zurechtgeschweißt (seit dem modernen Inverterschweißgerät sogar erfolgreich), dass es mir an's Herz gewachsen ist.
Andere Empfehlungen für passende, dünne und dennoch ausreichend feste Ausgangsmaterialien habe ich nicht gefunden oder sie waren für mich nicht praktikabel, außer vielleicht Fühlerlehrenband. Was ich natürlich sowieso nicht greifbar hatte.
Ich stelle mal meine improvisierte Bastelei zur Diskussion. Wenn die Vorgehensweise untauglich ist, kann ich von Kritik nur profitieren. Wenn einige Tipps neu sind für andere, um so besser.
Material: Was habe ich da? Die Flops (etliche) lasse ich mal weg:
- Von irgendwann Federstahldraht von einem Versender für Modellbau-Bedarf, 1.2mm
- Drahtkleiderbügel, gekaufte, aus Edelstahl 3.2 Millimeter Durchmesser, gibt's beim Buchhändler zum Stückpreis von ca. 35 Cents. Die, die von den Wäschereien kommen, haben nur 2,2 Millimeter und sind nach Festigkeit und erzielbarer Klingenbreite nicht für Spanner und Dietriche zu gebrauchen.
Beide Ausgangsmaterialien haben sich als zäher, fester Stahl erwiesen, weit besser als irgend ein Zaundraht.
Verarbeitung: Biegen und auf die gewünschte Stärke schleifen.
Biegen: mit einem Flambiergerät, wie es jetzt, wo es auf die Feiertage zugeht, bei den Discountern um 7-8 Euro erhältlich ist. Damit Alkohol auf Lebensmitteln oder in Tassen abzubrennen, ist zwar in meinen Augen die größte Verschwendung eines wertvollen Nahrungsmittels, die ich mir denken kann, aber in einer metallverarbeitenden Bastlerwerkstatt sind die unverzichtbar. Sie sind mit normalem Feuerzeuggas nachzufüllen und arbeiten nach dem Bunsenbrennerprinzip (reissen vor der Zündstelle die optimale Luftmenge mit dem Gasstrom mit) bei Temperaturen um 1300 Grad. Man kann natürlich auch Gaslötkolben oder Lötbrenner von Rothenberger, RSonic, Dremel, Ferm und so weiter für 20-30 Euro kaufen, die arbeiten nach demselben Prinzip und mit derselben Leistung. Veritable Lötlampen, wie ich eine von CFH habe, sind viel zu groß und in der abgegebenen Wärmemenge zu hoch.
Mit der nadelfeinen Flamme kann man dünnen Draht im Nu weißglühend erhitzen (das ist zu heiss, dunkle Rotglut ist am besten und die erzielt man dann auch bei den größeren Drahtstärken): So ausgerüstet, braucht es nur noch ein oder zwei Zangen und ggf. was Rundes als Biegeschablone, wie den Schaft eines Schraubendrehers, um sich seine Hooks und Spanner nach Herzenslust erst einmal in Form zu biegen. Ich gehe davon aus, daß der Federstahldraht dabei ent-härtet wird und seine Spannkraft zum Zurückfedern verliert. Ich habe mich aber gehütet, ihn bzw. das Endprodukt durch Eintauchen in Wasser wieder zu härten, der soll seine ihm eigene Zähigkeit zeigen und zu federn braucht für unsere Zwecke nichts.
Hier im Forum wurde über die Jahre öfter danach gefragt, wie man besagte Straßenkehrerborsten usw. bruchfrei biegen kann. Auch hierfür kommt natürlich unser Flambierfeuerzeug zum Einsatz.
Jaa, aber ... was soll man mit einem runden Draht vom Durchmesser 1.2 Millimeter bei Picks? Oder einem Kleiderbügel von 3,2mm mit rundem Querschnitt?
Nach dem Biegen zeigt sich hier eine weitere wichtige Anwendung unseres Flambierfeuerzeuges: Schmieden. Das Werkstück wird auf dunkle Rotglut oder auch nur unsichtbare Hitze erwärmt und wir klopfen uns die Enden auf gut die benötigte Dicke mit einem Hammer auf einem großen Schraubstock, Fäustel oder Vorschlaghammer zurecht und treiben das Material auf die gewünschte Form und Dicke aus.
Das ist der Knackpunkt! Würden wir Material wie einen dicken Nagel oder einen alten Schraubendreher nehmen und dünn schleifen, so würden wir die Festigkeit auf ein nicht akzeptables Maß verringern. Beim Ausschmieden formen und komprimieren wir die Struktur des Eisens verlustfrei und erhöhen noch die Festigkeit durch die gleiche Ausrichtung der Faserstruktur.
Aus dem 1.2mm Federdraht wurde ein Pick von 0,6mm Stärke. Den Spanner aus dem 3.2 Millimeter Kleiderbügel habe ich mir erstmal zu einer Breite von 4.0 Millimeter und einer Stärke von 1.0 Millimeter geformt. Ich bin mangels Erfahrung noch nicht sicher, ob diese Maße optimal sind, aber den Schließzylinder drehen sowie die Zuhaltungsstifte ertasten und bewegen kann ich damit bereits.
Erst, wenn wir die ungefähre Form erreicht haben, gehen wir zu Schritt 3 weiter: auf die präzise Stärke zuschleifen. Das könnten wir bestimmt mit einer Feile, einem Schleifstein oder einem Dremel machen. Ich nehme dazu den Doppelschleifbock, wobei ich nicht das Werkstück einfach drandrücke (federt und lässt keine exakte Bearbeitung zu), sondern presse es mit dem dicken Ende eines Bleistiftes an und kontrolliere das Ergebnis oft. So kann ich die Stelle und den Druck besser steuern.
Tadaa ... ich habe meinen ersten Hook und meinen ersten Spanner: Sie federn nicht weg, sie sind nicht bruchanfällig, ich kann mir beliebig viele verschiedene basteln oder diese noch ändern, und sie haben nichts gekostet .
ich hasse Autoscheibenwischer. Neuerdings.
Warum? Wie ich in https://www.koksa.org/viewtopic.php?f=46&t=21257 erwähnt hatte, hat man mir das Anfänger-Pickset vom Buchhändler bei der Post aus dem Karton gefingert. Drin war nur noch ein nicht allzu interessantes Buch für einen guten Euro, der bekannte Trick, um die Versandpauschale zu vermeiden. Hab' zwar sofort eine Gutschrift gekriegt, aber natürlich immer noch keine Spanner und Picks im Hause.
Zum Selbermachen wird vor allem empfohlen, sich die Flachfeder aus Scheibenwischerblättern zu besorgen, aber ich hab' kein Auto, die nächsten Werkstätten sind Stunden bei einer Roundtour per Bus entfernt und Schrottplätze Tagesreisen mit dem Fahrrad weit weg (der nächste ist, glaube ich, der von den Ludolfs). Ich könnte noch meinen Laubbesen ausschlachten, der in allen Bastelanleitungen unter dem Titel "Straßenkehrerborsten" als Materiallieferant empfohlen wird (habe ich erst spät kapiert), aber der begleitet mich seit fast 20 Jahren. Er hat zwar nur um drei Mark bei Praktiker gekostet, aber ich hab' das Scheißding, das mit seiner blechernen Verstellschraube nie fest zu kriegen war, so oft zurechtgeschweißt (seit dem modernen Inverterschweißgerät sogar erfolgreich), dass es mir an's Herz gewachsen ist.
Andere Empfehlungen für passende, dünne und dennoch ausreichend feste Ausgangsmaterialien habe ich nicht gefunden oder sie waren für mich nicht praktikabel, außer vielleicht Fühlerlehrenband. Was ich natürlich sowieso nicht greifbar hatte.
Ich stelle mal meine improvisierte Bastelei zur Diskussion. Wenn die Vorgehensweise untauglich ist, kann ich von Kritik nur profitieren. Wenn einige Tipps neu sind für andere, um so besser.
Material: Was habe ich da? Die Flops (etliche) lasse ich mal weg:
- Von irgendwann Federstahldraht von einem Versender für Modellbau-Bedarf, 1.2mm
- Drahtkleiderbügel, gekaufte, aus Edelstahl 3.2 Millimeter Durchmesser, gibt's beim Buchhändler zum Stückpreis von ca. 35 Cents. Die, die von den Wäschereien kommen, haben nur 2,2 Millimeter und sind nach Festigkeit und erzielbarer Klingenbreite nicht für Spanner und Dietriche zu gebrauchen.
Beide Ausgangsmaterialien haben sich als zäher, fester Stahl erwiesen, weit besser als irgend ein Zaundraht.
Verarbeitung: Biegen und auf die gewünschte Stärke schleifen.
Biegen: mit einem Flambiergerät, wie es jetzt, wo es auf die Feiertage zugeht, bei den Discountern um 7-8 Euro erhältlich ist. Damit Alkohol auf Lebensmitteln oder in Tassen abzubrennen, ist zwar in meinen Augen die größte Verschwendung eines wertvollen Nahrungsmittels, die ich mir denken kann, aber in einer metallverarbeitenden Bastlerwerkstatt sind die unverzichtbar. Sie sind mit normalem Feuerzeuggas nachzufüllen und arbeiten nach dem Bunsenbrennerprinzip (reissen vor der Zündstelle die optimale Luftmenge mit dem Gasstrom mit) bei Temperaturen um 1300 Grad. Man kann natürlich auch Gaslötkolben oder Lötbrenner von Rothenberger, RSonic, Dremel, Ferm und so weiter für 20-30 Euro kaufen, die arbeiten nach demselben Prinzip und mit derselben Leistung. Veritable Lötlampen, wie ich eine von CFH habe, sind viel zu groß und in der abgegebenen Wärmemenge zu hoch.
Mit der nadelfeinen Flamme kann man dünnen Draht im Nu weißglühend erhitzen (das ist zu heiss, dunkle Rotglut ist am besten und die erzielt man dann auch bei den größeren Drahtstärken): So ausgerüstet, braucht es nur noch ein oder zwei Zangen und ggf. was Rundes als Biegeschablone, wie den Schaft eines Schraubendrehers, um sich seine Hooks und Spanner nach Herzenslust erst einmal in Form zu biegen. Ich gehe davon aus, daß der Federstahldraht dabei ent-härtet wird und seine Spannkraft zum Zurückfedern verliert. Ich habe mich aber gehütet, ihn bzw. das Endprodukt durch Eintauchen in Wasser wieder zu härten, der soll seine ihm eigene Zähigkeit zeigen und zu federn braucht für unsere Zwecke nichts.
Hier im Forum wurde über die Jahre öfter danach gefragt, wie man besagte Straßenkehrerborsten usw. bruchfrei biegen kann. Auch hierfür kommt natürlich unser Flambierfeuerzeug zum Einsatz.
Jaa, aber ... was soll man mit einem runden Draht vom Durchmesser 1.2 Millimeter bei Picks? Oder einem Kleiderbügel von 3,2mm mit rundem Querschnitt?
Nach dem Biegen zeigt sich hier eine weitere wichtige Anwendung unseres Flambierfeuerzeuges: Schmieden. Das Werkstück wird auf dunkle Rotglut oder auch nur unsichtbare Hitze erwärmt und wir klopfen uns die Enden auf gut die benötigte Dicke mit einem Hammer auf einem großen Schraubstock, Fäustel oder Vorschlaghammer zurecht und treiben das Material auf die gewünschte Form und Dicke aus.
Das ist der Knackpunkt! Würden wir Material wie einen dicken Nagel oder einen alten Schraubendreher nehmen und dünn schleifen, so würden wir die Festigkeit auf ein nicht akzeptables Maß verringern. Beim Ausschmieden formen und komprimieren wir die Struktur des Eisens verlustfrei und erhöhen noch die Festigkeit durch die gleiche Ausrichtung der Faserstruktur.
Aus dem 1.2mm Federdraht wurde ein Pick von 0,6mm Stärke. Den Spanner aus dem 3.2 Millimeter Kleiderbügel habe ich mir erstmal zu einer Breite von 4.0 Millimeter und einer Stärke von 1.0 Millimeter geformt. Ich bin mangels Erfahrung noch nicht sicher, ob diese Maße optimal sind, aber den Schließzylinder drehen sowie die Zuhaltungsstifte ertasten und bewegen kann ich damit bereits.
Erst, wenn wir die ungefähre Form erreicht haben, gehen wir zu Schritt 3 weiter: auf die präzise Stärke zuschleifen. Das könnten wir bestimmt mit einer Feile, einem Schleifstein oder einem Dremel machen. Ich nehme dazu den Doppelschleifbock, wobei ich nicht das Werkstück einfach drandrücke (federt und lässt keine exakte Bearbeitung zu), sondern presse es mit dem dicken Ende eines Bleistiftes an und kontrolliere das Ergebnis oft. So kann ich die Stelle und den Druck besser steuern.
Tadaa ... ich habe meinen ersten Hook und meinen ersten Spanner: Sie federn nicht weg, sie sind nicht bruchanfällig, ich kann mir beliebig viele verschiedene basteln oder diese noch ändern, und sie haben nichts gekostet .