Werkzeuge härten - Erfahrungen?

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Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Gäste »

Kalt oder warm biegen, nicht beim Schleifen ausglühen lassen - Härtung ist wohl doch ein Thema. Was ist Meinung, was ist Sache? Darüber habe ich bei Durchsicht der Überschriften von Foren-Postings seit 2002 kaum etwas gefunden.
Ich bin aber kein Metallurg, bei meinen Bastelmaterialien steht die Stoff-zusammensetzung nicht drauf und ich habe auch kein kontrollierten Wärmeverlauf. Also waren nur ein paar Versuche drin: dasselbe Material auf mittleres Orange ausglühen und an der Luft abkühlen lassen (wird es weich? ist es kalt verformbar?) und dito, in Wasser stecken (wird es hart? wie verhält es sich, wenn man's ansägt? Bricht es leichter?).

Viel oder gutes Bastelmaterial habe ich ja nicht da. Meine Versuche waren Folgende. Bemerkungen: Die "Kombizange" ist uralt und war für ein paar Pfennige zum Hantieren mit glühenden oder frisch geschweissten Eisenstücken auf dem Flohmarkt gekauft. Was mit der nicht abzuknipsen geht, ist recht zäh oder hart. Die Rundzange hat sich verengende (kegelförmige) Backen und wurde ungefähr am Durchmesser von 4mm genutzt (also viel weiter, als man z.B. für das Biegen eines Spanners braucht). Anritz- oder Sägeversuche wurden mit einem original "PUK Germany" Sägeblatt gemacht.
Bitte beachten: unten steht, wie sich die Ausgangsmaterialien verhalten, wenn man sie glühend macht und nach dem Abkühlen biegt. Hintergrund ist die Frage, wie sie sich im Gebrauch an der Bruchgrenze verhalten. Meine "gut funktionierenden" selbstgemachten Werkzeuge wurden dagegen bei der Herstellung in glühendem Zustand gebogen. Dabei geht alles, ohne daß sie brechen.

a.) 1.2mm "Federstahldraht" (mein Hook, gut funktionierend).

Im Lieferzustand, nicht erhitzt gewesen: bricht beim Biegen um besagten 2-mm-Radius gleich bei 90 Grad. Hin- und Zurückbiege-Test erübrigt sich damit. Geht mit der Kombizange nicht abzuknipsen. Wird mit vier energischen Hüben (so, wie ich das Sägeblatt einspanne, Zügen) der PUK-Säge zur Hälfte durchgesägt.
Ausgeglüht: geht mit einer kleinen Rundzange um 180 Grad zu biegen. Lässt sich mit besagter Rundzange 6x um 180 Grad und zurück biegen, bevor er bricht. Geht mit meiner Kombizange bei mäßiger Handkraft abzuknipsen. Ist mit vier energischen Hüben (so, wie ich das Sägeblatt einspanne, Zügen) der PUK-Säge durchgesägt.
Extra gehärtet: geht viel schwerer rundzubiegen. Geht mit der Kombizange nicht abzuknipsen. Bricht nach 4x hin- und herbiegen um 180 Grad. Wird mit 4 Hüben zu 70% durchgesägt.
Erkenntnis: Wieder-härten bei so gutem Stahl geht und ergibt eine Art Zwischenzustand, verformt sich nicht so leicht wie ausgeglüht.

b.) Untaugliches weiches altes Sägeblatt in "PUK" Größe, Stärke 0,55mm, mit Zähnen gut 4mm breit, eigentlich ein schönes Ausgangsformat für Picks, glaube ich.
Auslieferungszustand: Bricht nach dem fünften Mal Biegen um 180 Grad. Ist nach zweieinhalb Zügen mit dem echten PUK-Sägeblatt durchgesägt.
Ausgeglüht: Bricht beim Biegen nach dem siebten Mal auf knapp 180 Grad. Geht mit der Kombizange nicht abzuknipsen, bricht mit ihr (also nicht um den 2-mm-Radius der Rundzange gebogen) aber nach 2x um ca. 30 Grad hin- und herbewegen. Abgesägt mit vier Hüben.
Gehärtet: Bricht beim Biegen nach höchstens 10 Grad wie Glas. Geht mit der Kombizange nicht abzuknipsen, bricht aber bei der kleinesten Bewegung. Die vier Millimeter Breite ist mit vier Hüben voll durchgesägt.
Erkenntnis: Man kann immerhin die Härtung mit Hausmitteln beeinflussen und einen Stahl, der meiner Ansicht nach sehr minderwertig ist und vom Hersteller dafür zu großer Sprödigkeit gehärtet worden ist, wieder weicher und damit bruchfrei bearbeitbar machen.

c.) Edelstahl-Draht 3mm (mein Spanner, gut funktionierend):
Lieferzustand: Bricht nach 2x hin- und herbiegen um ca. 135 Grad, nach dem erstenmal Biegen nicht um die Rundung einer Rundzange, sondern mit scharfem Knick an einer Gripzange getestet. Klar, geht nicht mit der ollen Kombizange durchzuknipsen, ein 450-mm-Bolzenschneider erledigt das aber wie durch Butter und kriegt auch keine Scharten. Zwölf Züge mit der Säge (entspricht, nach der Querschnittsfläche umgerechnet, zwei Zügen bei einem 1.2mm Draht) reichen zum Durchsägen.
Ausgeglüht: nicht getestet (Kleiderbügel werden wohl nicht gehärtet, also gibt es keine Härtung durch Ausglühen rückgängig zu machen).
Gehärtet: Bricht nach 3x hin- und herbiegen um ca. 135 Grad an der Gripzange (keine schonende Rundung). Geht mit der mir verfügbaren Handkraft mit der Kombizange nu ein wenig einzukerben. Durchgesägt mit 10 Zügen.
Erkenntnis: Bei ungeeignetem, nie für Werkzeuge gedachtem Edelstahl, hier von Kleiderbügeln, ist durch Härten nichts zu ändern.

Gesamt-Fazit: Mit einem Jet-Feuerzeug kann ich Draht bis 3mm Stärke auf eine Länge von 15-20mm glühend machen, biegen, auf eine geringere Stärke austreiben und hinterher leidlich härten, soweit es die Stahl-Qualität hergibt.


Wenn jemand bitte aufgrund eigener Erfahrung weitere Aussagen über Härtung/Nicht-Härtung/Verdorbenes Werkstück wegen Ausglühens am Schleifbock beitragen könnte, würde ich mich freuen.

Janvi
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Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Janvi »

im Prinzip liegen deine Versuche schon richtig. Die Erfolge kommen aber auf den Kohlenstoffgehalt des Materials an. Zum Aufkohlen wird das Material stundenlang in einem Ofen erhitzt was du selbst kaum machen kannst. Wenn altes Material spröde ist, kann man es so wieder biegbar bzw. bearbeitbar machen. Einen Eindruck vom Stahl erhälst du am Funkenbild beim Schleifen. Sind die Funken rot bis gelb ist das Material weich. Hartes Material macht weisse Funken welche sich im Flug auch noch teilen. Ansonsten ist die Kunst des Härtens, daß man nur eine bestimmte Tiefe härtet. D.h. die Oberfläche wird hart und verschleissfest, das Bauteil selbst aber nicht damit es nicht bricht. Am besten geht das beim induktiven Erwärmen wo man die Eindringtiefe genau festlegen kann. Wird z. Bsp. bei Kurbelwellen so gemacht. Hatten die Schmiede früher auch nicht so im Griff, weshalb die Damastschwerter gebaut wurden. Weiche und harte Schichten wechseln sich dabei ab.

Gäste

Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Gäste »

Txs für das Funkenbild :) .
Es ist nun die Frage oder gar Aufgabe, das große Wissen für Leute nutzbar zu machen, die sich für ihr Hobby kleine Metallhaken, oft vom Schrottplatz, vornehmen. (Bin sehr froh, daß Du im Boot (Thread) bist. Mir ist klar, dass ich hier irgendwas Herzlicheres reinbringen sollte, aber evtl. kommt mein natürlicher Hang zur Diplomatie durch die freudige Vor-Erwartung auf meinen Zahnarzt-Test mit Wurzelbehandlung in drei Tagen etc. nicht ganz rüber :mad: ) ). Das Hauptproblem des Neu-Lockpickers ist vielleicht, wie man sich die 9,90 Euro für ein Dutzenderset von luschigen chinesischen Lockpicks sparen und gleichzeitig ein taugliches Werkzeug für sich selbst zu schaffen lernen könnte.
Wenn hier noch was gesagt würde über die hochgelobten Stahleinlagen bei Scheibenwischerblättern etc., wär's ganz nützlich. Auch habe ich Bemerkungen wie, dass das Zurechtschmieden von glühendem Metall unweigerlich zu Störungen im Gefüge führt, keine eigenen Beobachtungen entgegenzusetzen (oder eigentlich doch, vom Praktikum in der Lehrwerkstatt der Deutschen Rhodiaceta in Freiburg vor 50 Jahren her), aber ein bisschen Aufklärung, was Schmieden bei den hier in Frage kommenden Materialien und Zwecksetzungen nützen könnte, wäre natürlich auch segensreich :) .

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Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Mister Q »

Es hört sich an, als wenn sich Blinde über Farben unterhalten.

Wenn ich Zeit habe schreibe ich mal etwas über Materialien zum Bau von Picks.
Ich habe noch eine menge Material zu liegen.
Einige Picks von mir waren vor Jahren bei Bosnian Bill in den Videos zu sehen.
Hatte ich hier schon mal gepostet. Gab keine Reaktion, scheinbar kein Interesse an selbstbau.
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Christian
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Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Christian »

Nur gewisse Stähle lassen sich härten, und bei Federstahl darf natürlich nicht so hart sein das es bricht .... bei Sägeblätter würde ich raten diese so zu bearbeiten das sie nicht zu heiß werden, dann behalten sie ihre ursprängliche Härte.
Es gibt nur eine legitime Einstellung

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Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Gäste »

Mister Q hat geschrieben:Es hört sich an, als wenn sich Blinde über Farben unterhalten.

Einige Picks von mir waren vor Jahren bei Bosnian Bill in den Videos zu sehen.
Hatte ich hier schon mal gepostet. Gab keine Reaktion, scheinbar kein Interesse an selbstbau.
Da haben sich die Blinden wahrscheinlich wegen der von Dir gewählte Überschrift bezüglich Titanpicks nicht angesprochen gefühlt ;) .
Titan war bei mir zugegeben noch nicht im Fokus als Bastelmaterial. Mit meiner "Feldschmiede" kriege ich zwar auch etwas massiveres Eisen weißglühend, aber 1600-1700 Grad bei Titan?

(Edit - ich wusste nicht, wo ich's am besten anfügen sollte) Noch ein Lesetipp genau zum Thema ist https://www.koksa.org/viewtopic.php?f=4 ... 95#p172395.
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Zuletzt geändert von Gäste am 12. Dez 2017 11:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von rondeLoro »

Schmilzt dir bei dem Aufau nicht eher die Weißblechdose weg?

Gäste

Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Gäste »

Nö, das ist eine Doppelwand, mit Mörtel gefüllt und das reicht offensichtlich. Innen Holzkohle, die Heissluftpistole bläst kalt (macht keinen Unterschied) und hat bisher die Gase in der Mitte rausgepustet, nicht gegen die innere Wand. Und das Teil war aus Anlass einer einzigen bestimmten Reparatur an einem Gartengerät
gebaut, da stellte sich die Frage nach der Lebensdauer nicht.
Anständige Leute bauen ihre "Feldschmieden" eher aus alten Bremstrommeln oder so, aber immer noch nach demselben Prinzip (Kohle rein, Luft durchblasen). Keine eigene Erfahrung. Zum Biegen nehme ich je nach Teil-Größe (zu groß, zu klein,...) einen Unkrautbrenner an der 5-kg-Gasflasche, eine Lötlampe oder ein Flambierfeuerzeug. Zur Kontrolle an etwas größeren Teilen als einem 1.2-mm-Draht ist übrigens ein Infrarot-Thermometer, das bis 900 Grad geht, eine fantastische Sache. Nicht jeder hat einen metallverarbeitenden Beruf, sodass er die optimale Temperatur zuverlässig an der Farbe erkennen könnte.
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Mister Q
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Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Mister Q »

Wo schreibe ich hier von Titan?
Ich schreibe Material, damit meine ich in der Hauptsache Stahl, aber auch andere Materialien die in Frage kommen.
Was willst du mit dem getunten Hoboofen? Brechstangen schmieden? :rolleyes:

Ich kann ja etwas unfreundlicher schreiben damit du es verstehst.

Das was hier über Stahl geschrieben wurde zeigt mir, das ihr nichts darüber wisst.
Einfach mal ein paar Bücher lesen:
https://www.amazon.de/Praxishandbuch-H% ... i+ratgeber
https://mav.industrie.de/allgemein/der- ... tgeber-ii/
https://www.europa-lehrmittel.de/t-1/ta ... tall-3185/
Im Tabellenbuch sind auch die Funkenproben abgebildet und erklärt.
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Gäste

Re: Werkzeuge härten - Erfahrungen?

Beitrag von Gäste »

Mister Q hat geschrieben:Wo schreibe ich hier von Titan?
.
In deinem Beitrag von 2015, auf den Du in Deinem obigen Posting verweist, leitest Du auf das Youtube-Video " Customs Lock Picked & New Titanium Tools" weiter. Du hast oben erwähnt, daß anscheinend hier kein Interesse an derlei Beiträgen bestehe.
Dort sind einige Titan-Picks vorgestellt, die Du anscheinend zwecks Werbung an "bosnianbill" geschickt hast, einige Spanner, und ein Teil, von dem er sagt: "almost like a piece of scrap - I think that's probably what it is" *Lach*.
Ich kann ja etwas unfreundlicher schreiben damit du es verstehst.
Das was hier über Stahl geschrieben wurde zeigt mir, das ihr nichts darüber wisst.
Nun, ich persönlich lese in Internetforen mit, um ein schöneres Leben zu haben, wozu die in Foren erhältlichen Fachkenntnisse förderlich sind. Damit kann ich dann auch Schließsysteme und zerstörungsfreie Öffnungsmethoden für den Notfall besser beurteilen.

Du bist hilfsbereit, das zeigen Jahre Deiner Postings. Das ist schön. Auf die "unfreundliche Schreibe" von Leuten, die sich auf ihre Ausbildung oder Erfahrung etwas einbilden, kann ich verzichten. Ich glaube nicht, dass Du auf meinen Fachgebieten, die ganz anderes gelagert sind, direkt große Leistungen einbringen würdest, wenn Du zufällig darin Neuling wärest und aus Interesse oder Notwendigkeit darin einsteigen wolltest. Ich glaube nicht, daß ich einen Fragesteller in derlei Themen so herabsetzend bescheiden würde wie Du bei mir und anderen.

Ich bedanke mich dann also bei allen, die sich die Mühe gemacht haben, meine Fragen zu lesen oder in den Jahren Beiträge geliefert haben, von denen ich eine Anzahl aufmerksam gelesen habe.

Und tschüs ;)

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