Pick aus Fühlerlehrenband

Zerstörungsfreie Schlossöffnung, Fragen zu den verschiedenen Werkzeugen und freier Informationsaustausch

Moderatoren: Retak, Crocheteur

Gäste

Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Gäste »

ich habe überlegt, ob diese Schilderung evtl. eher in meinem Vorstellungsthread als Anfänger angebracht wäre, aber vielleicht macht sie anderen Welpen Mut und dort würde sie untergehen ;) .
Meine ersten Schlösser kriegte ich mit glühend zurechtgehämmerten Kleiderbügel- bzw. 1.2mm Federstahldrähten auf. Die Spitze des Pick hielt für's SSP her, umgedreht reichte die Wölbung zum Raken.
DSCN6139.JPG
Dann bekam ich Marken-Picks geschenkt. ;jump; Die waren schon was anderes! Meine Selbermach-Pläne habe ich aber trotzdem nicht ad acta gelegt, insbesondere, wo ich jetzt Vorlagen hatte. Nachdem alle Vorhang-Schlösser sowie das eine Bügelschloß mit Stiftzuhaltung im Nu offen waren und vor allem, nachdem ich gebührend beeindruckt die Heldengeschichten bei Bosnianbill gelesen hatte, dachte ich, es könnte gut sein, das eine oder andere Werkzeug einzustecken, falls sich mal die Notwendigkeit ergibt, jemandem auszuhelfen. Aber es sollten ganz bestimmt nicht die wunderschönen Profi-Picks aus dem Weihnachtsgeschenk jahrelang in irgend einer Tasche oder einem Rucksack herumfliegen!

Das Rohmaterial war schon vorhanden, Fühlerlehrenband, fünf Meter um zehn Euro. Ich wählte die Stärke von 0,5 Millimetern, nicht so starr wie die fabrikgefertigten Picks, dafür würde man damit leichter in enge Schlösser kommen und es mit wenig Aufwand sogar auf 0,4mm herunterschleifen können:
DSCN6133_640.JPG
Hieraus Rohlinge abgeschnitten. Das neue Pick sollte der 8mm breiten Vorlage gleichen, also war der Rohling erst einmal mit viel Mühe (Blechschere, Doppelschleifbock, die kleinen Dremel-Trennscheiben gehen auch) auf 8mm Breite zu bringen. Auf den dunklen Fleck an dem abgerundeten Ende komme ich nachher noch zu sprechen:
DSCN6134.JPG
Der Pick kriegte seine Form mit dem Doppelschleifbock und einem rotierenden Schleifkörper im Dremel, aber wie anzeichnen? Auch der feinste Marker war viel zu grob, um ein brauchbares Abbild der Vorlage hinzukriegen. Gemäß abgewandelter Anleitung von bosnianbill auf Youtube schmierte ich den Rohling zum Schluß mit einem dicken Aldi-Marker schwarz ein. Dann schliff ich eine alte Nähnadel als Reißnadel spitz an und voila, mit ihr bekam ich einen scharfen Umriß eingeritzt. Die Farbe geht natürlich beim Handhaben sofort wieder ab, so schützte ich sie mit Tesafilm und schnitt den längs der Kanten ab. Beim Zuschleifen stört der nicht weiter.

Ich machte auch einen halbherzigen Versuch, die Linien in 30%iger Phosphorsäure, wie man sie zum Entrosten ja sowieso im Haushalt hat (ist bei Amazon wohlfeil oder in halber Konzentration als Rostumwandler ungefähr zum Literpreis von Chanel Nr. 5 zu kaufen), in das Metall einzuätzen. Der Erfolg blieb aus, aber der Rohling war nach einer halben Stunde grau angefärbt, wie nach der Rostentfernung mit Phosphorsäure gewohnt. Dies gibt eine ritzbare Schicht, die auch keines Schutzes wie Tesafilm bedarf.
DSCN6132_640.JPG
Folgte eine Ewigkeit des immer vorsichtigeren Zuschleifens, bis der neue Pick dem Muster ähnlich war, und dann noch Glätten sowie Entgraten mit 400er Schleifpapier:
DSCN6137_640.JPG
Einen Griff sollte der sehr dünne Pick natürlich auch bekommen. Also erst mal den breiten Teil im Strom einer Heißluftpistole auf niederer Stufe erwärmt und ganz dünn etwas Schmelzkleber aufgestrichen, nach Abkühlung dann Schrumpfschlauch aufgezogen (auf dem vorigen Foto links zu sehen) und nochmal kurz erwärmt. Fertig!
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Zuletzt geändert von Gäste am 7. Jan 2018 17:42, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Marinopick
Eigentum
Eigentum
Beiträge: 1697
Registriert: 16. Apr 2017 10:19
Eigener Benutzer Titel: Mathematically Unbreakable

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Marinopick »

Sieht doch ganz gut aus.

Ich hab meine AusSägblättern gemacht.

Und als Spanner habe ich eine große Feder aus einem alten Zimmertüschloss hergenommen.

Die, die die Nuss des Drückers wieder zurückdreht.

Bisschen Sägen und Schleifen und fertig.
IMG_7227.JPG
Habe ich genommen, weil man da schön aus dem Vollen herausarbeiten kann und man eine 1:1 Kraftübertragung hinbekommt.

Man fühlt damit einfach mehr.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Masken in Öffentlichkeit? Ja. Masken auf der Arbeit? Eventuell. Masken in der Schule? Nein!
https://www.openpetition.de/petition/on ... ition-main

Gäste

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Gäste »

Klar, danke für den Tipp. Ich habe schon Deine Vorstellung desselben in einem früheren Thread mit Interesse studiert. Meine selbstgemachten Spanner werden z.Z. aber immer dünner und auch etwas länger als die ersten Versuche. (Editiert:) Der 3,2mm dicke Draht aus gekauften Kleiderbügeln (spart enorm Platz und Arbeit, aus der Waschmaschine auf die Leine in den Schrank ohne Wechsel) hat, einmal plattgeklopft, noch viel Reserve zum Zuschleifen. Im Moment bin ich in einem Übungsstadium, wo mir der Spanner wichtiger ist als der Pick. Half-Diamond, Haken, Bogota Rake oder was Multipick diesem sehr ähnlich produziert, alles geht auf, mit letzterem das halbe Dutzend billige Schlösser, die ich hier liegen habe, in nicht mehr als fünf Sekunden. Wenn der Spanner schlank und doch stark genug ist, um nicht im Weg zu sein.
Der hier ist gut, um sowohl enge Vorhangschlösser als auch Türzylinder zu betätigen:
DSCN6143_480.JPG
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Zuletzt geändert von Gäste am 8. Jan 2018 20:51, insgesamt 2-mal geändert.

Benutzeravatar
Christian
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 11184
Registriert: 13. Sep 2009 17:17
Eigener Benutzer Titel: Fischfleisch
Wohnort: Essen / RUHR2010
Kontaktdaten:

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Christian »

Fühlerband ist auch schönes Material für den Eigenbau, und man bekommt es in allen möglichen Stärken. Hatte auch schon darüber nach gedacht.
Beim Spanner darf es dann auch ruhig dicker sein, damit er nicht wegrutscht aus dem Profil ...
Es gibt nur eine legitime Einstellung

Gäste

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Gäste »

Christian hat geschrieben:Fühlerband ist auch schönes Material für den Eigenbau, und man bekommt es in allen möglichen Stärken. Hatte auch schon darüber nach gedacht.
Man ist technisch und finanziell einfach freier, für jeden Zweck das Richtige zu bekommen. Mein Nachbau eines fabrikgefertigten Pick von 0,6 bis 0,65mm Dicke ist mit 0,5mm Fühlerlehrenband deutlich flexibler (schlecht), aber viel erfolgreicher. Bei einem bestimmten Schloß geht er rein und erreicht, ohne anzuhaken, die Stifte, die der erstere nicht gedrückt bekam. Fünf Meter zehn Euro, reicht für dreissig Picks. Da kann man auch mal was ausprobieren und kaputt kriegen. Eilig darf man's nicht haben. Schon ein gewisser Schellbach hat vor einem dreiviertel Jahrhundert dazu geraten, zur Übung der Konzentration und sozusagen meditativ sich etwas zum Schleifen vorzunehmen und das hilft auch.

Christian hat geschrieben: Beim Spanner darf es dann auch ruhig dicker sein, damit er nicht wegrutscht aus dem Profil ...
Jep. Der aus dem Foto, das ich in den vorletzten Beitrag gerade rein editiert habe, ist Millimeterbruchteil für Millimeterbruchteil anhand eines Türzylinders mit enger Öffnung geschliffen worden, bis er gerade reinpasst. Und plötzlich geht, was vorher (mangels Platz für den Pick/Rake) nie geklappt hatte.

Gäste

Anzeichnen, war: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Gäste »

Ich reiche nun Fotos nach, wie ich das Fühlerlehrenband angezeichnet habe. Die Phosphorsäure, die man z.B. beim Buchhändler ganz normal um 13 Euro der Liter kaufen kann, ist 85%ige. (Wenn man davon 1 Teil in 2 Teile Wasser gießt, hat man handelsüblichen Rostumwandler. Als Rostentferner für die Arbeit mit Stahlwolle mache ich ihn stärker, ca. 1 Teil Säure in 1 Teil Wasser gießen. Und natürlich dicke Handschuhe, nicht Hausfrauen-Gummihandschuhe oder die dünnen aus dem Hunderterpack).
Rohlinge von Fühlerlehrenband auf Länge abschneiden, in ein flaches Schälchen tun (vorher waren Hähnchenschenkel drin) und etwas unverdünnte Phosphorsäure drauf kippen, die Rohlinge mit einer Gabel was bewegen und eine halbe Stunde drin lassen, dann mit besagter Gabel rausheben, spülen und trocknen. Den Rest Phosphorsäure in's Klo schütten.
DSCN6144.JPG
Ich weiss, ich bin penetrant, aber ich musste das so formulieren. Niemals Wasser in Säure schütten!

Das Eisen ist jetzt grau, und die Schicht ist auch nicht abwischbar. Sie ist ungefähr so hart wie eine Brünierung. (Ich bin sicher, daß sie beim Polieren oder beim Glätten mit 400er Schleifpapier der fertigen Picks abgeht). Bisschen mit einem Jetfeuerzeug oder sonstwas erwärmen, eine Stange Schmelzkleber drauftupfen und gleich den Muster-Pick mit einer kleinen Klebestelle da draufkleben, eine größere Klebefläche ist gar nicht nötig. (Auch hier ist die richtige Reihenfolge segensreich. Weder Lot noch Schmelzkleber wird direkt erwärmt und dann auf das kalte Metall getupft, sondern immer Metall erwärmen - natürlich nicht ausglühen! - und das Verbindungsmittel daran aufschmelzen).
DSCN6145.JPG
Jetzt die Spitze des Muster-Picks, die wegen des dickeren Griffs den Rohling nicht berührt, mit einem Finger auf dem Rohling fixieren und mit einer Näh...., eh, Reissnadel den Umriss präzise anreissen. Klar, wer nicht einen Pick duplizieren will, vielleicht für unterwegs oder weil er Angst hat, das teure Original zu verbiegen, sondern sich einen ganz neuen anfertigen will (sich einen von bosnianbill hochgelobten W-Rake anzufertigen oder einen Bogota-Rake, kostet ja gerade mal das Material von ca. dreissig Cents), muss am Schluß freihand anzeichnen oder besser eine ähnliche Spitze abweichend schleifen.

Der Original-Pick geht vom Rohling mit dem Daumennagel problemlos abzumachen, und Schmelzkleber kann man leicht abrubbeln oder mit einem Schaber entfernen. Dies natürlich, nachdem man ihn zu Ende geformt hat, damit die eingeritzten Umrisslinien nicht doch noch weg gehen.


Disclaimer: da wird mit hochkonzentrierter Säure gearbeitet. (Stärker verdünnte ginge sicher auch, oder tatsächlich Rostumwandler, wenn man bereits welchen im Haushalt hat). Ich bin's gewohnt. Ich habe aber auch keine Kinder im Haushalt, die mal eben probieren, ob das Limo ist in der Flasche da, und es gibt im Haus maximal einen Trottel, welcher an Unfällen und Vergiftungen dann auch selber schuld wäre, da ich allein hier wohne.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
boianka
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 7024
Registriert: 25. Mai 2008 14:24
Wohnort: Bonn

Re: Anzeichnen, war: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von boianka »

wwfrickler hat geschrieben:Disclaimer: da wird mit hochkonzentrierter Säure gearbeitet. (Stärker verdünnte ginge sicher auch, oder tatsächlich Rostumwandler, wenn man bereits welchen im Haushalt hat). Ich bin's gewohnt.
Dann kannst Du doch gleich die professionelle Methode, durchätzen, umsetzen .
Dabei besteht allerdings hauptsächlich die Schwierigkeit, das Anritzen des Schutzlacks auf beiden Seiten deckungsgleich vorzunehmen . . .

. . . schont, bei richtiger Umsetzung, auch die Finger . . . :wngn:

siehe auch

und hier

Gäste

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Gäste »

Das Anzeichnen durch Ätzen habe ich schon probiert, siehe Eingangsposting ;) . Forschungsergebnis: ein Aldi-Filzmarker sondert nur schwarze Farbe ab, keinen Schutzlack. (Es gibt m.W. Marker für derlei Zwecke).
Die Herstellung, also tatsächlich das Weg-Ätzen von 0,5mm Stahl, stelle ich mir langwierig und unwirtschaftlich vor. Mit der Methode habe ich mich für Gedruckte Schaltungen beschäftigt, aber das ist nur ein Millimeterbruchteil Kupfer. Und auch da war es einfacher, mit Nietlötösen zu arbeiten.
Und dann gibt's natürlich Überlegungen zur Skalierbarkeit und Sinnhaftigkeit. Ich will Fun haben und habe Spaß, mit Metall zu arbeiten und überhaupt Sachen selber zu machen. Hurra, ich kann mit Fühlerlehrenband für 'nen Zehner, unter Verwendung von Zeugs und Werkzeug, das ich sowieso habe, praktisch so viele Picks machen und ausprobieren, wie ich will. Aber wie anzeichnen? Hier eine der Lösungen. Phosphorsäure? Vielleicht nimmt jemand lieber Schnellbrünierung dafür, hat 'ne Dose Sprühlack übrig oder muss halt doch mit Filzi und Tesafilm drüber arbeiten. Anscheinend ist im Krieg, in der Liebe und beim Spanner-und-Pick-Basteln alles erlaubt ;) .

Benutzeravatar
boianka
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 7024
Registriert: 25. Mai 2008 14:24
Wohnort: Bonn

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von boianka »

wwfrickler hat geschrieben:Die Herstellung, also tatsächlich das Weg-Ätzen von 0,5mm Stahl, stelle ich mir langwierig und unwirtschaftlich vor.
Du hast nicht mitbekommen, dass ich links editierte hatte -
5 min find ich nicht so lang . . .
wwfrickler hat geschrieben:Ich will Fun haben und habe Spaß, mit Metall zu arbeiten und überhaupt Sachen selber zu machen.
Kannst Du beim Nachschleifen und der Entwicklung, der Vielfalt, Deiner zahlreichen Formgebungen doch haben !

Gäste

Re: Pick aus Fühlerlehrenband

Beitrag von Gäste »

boianka hat geschrieben: Du hast nicht mitbekommen, dass ich links editierte hatte -
Hatte ich wohl. Inzwischen. Nun ja, das letzte mal, als ich Salzwasser elektrolysierte, hätten mich meine Eltern wohl ein Jährchen lang in's Bienenhäuschen draussen verbannt, wenn sie mitgekriegt hätten, daß ich damit Wasserstoff machen wollte ;) .

Und trotzdem. Die Methode setzt da ein, wo meine aufhört. Der Typ muss seine gewünschte Form in Isolierband einschneiden. Ich habe herausgekriegt, wie ich meine gewünschte Form permanent auf dem Werkstück anzeichnen kann. Auf Isolierband ginge das eh nicht so präzise. Und er macht bloß ein Langloch.

Antworten