Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Zerstörungsfreie Schlossöffnung, Fragen zu den verschiedenen Werkzeugen und freier Informationsaustausch

Moderatoren: Retak, Crocheteur

Benutzeravatar
gs33
Graf
Graf
Beiträge: 422
Registriert: 23. Okt 2008 09:19
Wohnort: Kerpen

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von gs33 »

Schluesselmacher hat geschrieben: 11. Apr 2023 21:03 Sehr cool :cool:

Wie hast Du den GHS herausgefunden? Die klassische Methode nach Matt Blaze?
Was ist denn das für eine Methode, wie funktioniert sie?

Benutzeravatar
Schluesselmacher
Meister
Meister
Beiträge: 55
Registriert: 15. Jan 2013 13:53

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von Schluesselmacher »

Ich komme ja eigentlich aus der Informatik, daher war ich vor gut 15 Jahren einmal auf ein Paper von Matt Blaze gestoßen, der einen Algorithmus beschreibt, mit dem man sich für stiftbasierte Generalschlüsselanlagen einen GHS herstellen kann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1.) man hat Zugriff auf einen Einzelschlüssel der Anlage
2.) man verfügt über eine ausreichende Menge von Rohlingen für diese Anlage (wieviele genau man da zu erwarten hat, rechnet er auch vor)
3.) man hat Zugang zu einem Schloss der Anlage
4.) man kennt das Design dieses Zylindertyps, also welche möglichen Schnitttiefen des Schlüssels es für jede Stiftposition gibt (und man kann den Schlüssel dann auch dementsprechend schneiden)

Dann kann man mit überschaubar vielen Versuchen Testschlüssel bauen, um dann am Ende alle korrekten Einschnitte für den GHS zu ermitteln. Den Verbrauch an Rohlingen kann man dabei sogar noch optimieren, wenn man vor Ort den Schlüssel immer wieder nachschneiden kann.

Wie klappt das in der Praxis?
Ein Angreifer, der den GHS einer Anlage ermitteln möchte, könnte (1.) erledigen, indem er sich einen Einzelschlüssel ausleiht (oder ohnehin schon hat). Man könnte zB in das Gebäude gehen, ein dringendes Bedürfnis anmelden und vielleicht leiht einem der Empfang dann einen Toilettenschlüssel. Damit kann man dann auch (4.) erledigen, zumindest weiß man dann schon mal, welcher Rohling benötigt wird. Diesen Leihschlüssel sollte man dann natürlich gleich vor Ort vermessen und sich dann im Nachgang die Rohlinge besorgen (2.) und die möglichen Einschnitttiefen recherchieren. Die Toilette kann man dann später natürlich auch gut für (3.) nutzen, um die Testschlüssel in Ruhe auszuprobieren.

Das Verfahren funktioniert vereinfacht beschrieben so, dass man sich eine Menge von Testschlüsseln baut. Dabei iteriert man über alle Stifte und bei jedem Stift baut man sich Testschlüssel für alle möglichen Einschnitttiefen. Die Schnitttiefe des Einzelschlüssels lässt man dabei weg. Und die Einschnitte für alle anderen Stifte belässt man dabei genauso wie beim Einzelschlüssel.
Von diesen Testschlüsseln sollte genau einer das Schloss schließen: Das ist dann für diesen Stift die GHS-Einschnitttiefe (vorausgesetzt, dieser Stift ist "gemastert", also ein für den GHS unterteilter Stift; ansonsten nimmt man da halt die Schnitttiefe des Einzelschlüssels, denn die hat der GHS da ja dann auch.)
So erhält man am Ende, wenn man das für alle Stifte gemacht hat, die Einschnitttiefen für alle Einschnitte des GHS.
Natürlich kann man auch einen HS oder Gruppenschlüssel in komplexeren Anlagen erwischen, aber das merkt man dann ja daran, dass auf einer Stiftposition mehrere Testschlüssel schließen. Im Endeffekt wird man dann aus dem Wissen eine überschaubare Menge von "GHS-Kandidaten" bauen und muss dann nur noch an mehreren Schlössern der Anlage ausprobieren, welcher davon bei allen passt und das ist dann der GHS.

Das ganze Paper findet man hier auf Matt Blazes Webseite:
https://www.mattblaze.org/papers/mk.pdf

worgan
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 6723
Registriert: 29. Jun 2005 12:00
Eigener Benutzer Titel: Offtopicreißer
Wohnort: eigene Welt
Kontaktdaten:

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von worgan »

Die Methode ist schlau. Ich musste es mir aber 5× durchlesen, bis ich es kapiert habe.

Reicht es im Idealfall, pro Stift einen Rohling zu benötigen? Also bei einem 6-stiftigen Zylinder 6 Rohlinge? Man kann jede einzelne Position so oft einschneiden, bis man alle möglichen Einschnitttiefen durch hat.

Bei einem Keso braucht man natürlich mehr :D
Lieber die Katze auf dem Arm als den Tiger im Tank.

Benutzeravatar
Schluesselmacher
Meister
Meister
Beiträge: 55
Registriert: 15. Jan 2013 13:53

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von Schluesselmacher »

worgan hat geschrieben: 15. Apr 2023 00:53 Reicht es im Idealfall, pro Stift einen Rohling zu benötigen? Also bei einem 6-stiftigen Zylinder 6 Rohlinge? Man kann jede einzelne Position so oft einschneiden, bis man alle möglichen Einschnitttiefen durch hat.
Ja, das ist genau die Optimierungsmethode, die in dem Paper auch beschrieben ist.
Nachteil: Lohnt sich eigentlich nur, wenn man vor Ort schneiden kann und verlängert den Angriff dementsprechend.

Allerdings kann man auch hier noch weiter optimieren, wenn man berücksichtigt, dass bei benachbarten Stiften nicht alle "Höhenunterschiede" erlaubt sein könnten. Zum Beispiel könnte es sein, dass man dabei max 4 Einschnittstufen Unterschied erlaubt, weil der Schlüssel sonst "hakelig" werden könnte.

worgan
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 6723
Registriert: 29. Jun 2005 12:00
Eigener Benutzer Titel: Offtopicreißer
Wohnort: eigene Welt
Kontaktdaten:

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von worgan »

Ich konnte das bisher nicht lesen, da ich paar Tage nur mobil teilnehmen kann.

Geht natürlich auch nur, wenn das Profil stimmt oder man das nachfeilen kann, bzw. ein profilloses System hat.
Lieber die Katze auf dem Arm als den Tiger im Tank.

Benutzeravatar
Retak
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Unverzichtbar, Unkündbar und Unverwundbar
Beiträge: 11396
Registriert: 29. Dez 2004 12:00
Wohnort: 16359 Biesenthal

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von Retak »

Man kann das Verfahren abkürzen, in dem man den Zylinder ein paar mal pickt, damit findet man schon einige Stiftunterteilungen heraus, sowie Stifte, die keine zusätzlichen Teilungen haben. Dann braucht man nicht so viele Rohlinge (die Sonderprofile, soweit erhältlich, sind ja ziemlich teuer).
Bei Kaba, Keso, und ähnlichen Systemen funktioniert das nicht, da dort die übergeordnten Schliessungen nicht durch zusätzliche Stiftteilungen realisiert werden, da müssen alle in der Anlage vorhandenen sChliessungen auf dem GHS gebohrt sein.

Benutzeravatar
gs33
Graf
Graf
Beiträge: 422
Registriert: 23. Okt 2008 09:19
Wohnort: Kerpen

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von gs33 »

Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Ich muss mir das im Original mal durchlesen.
Ich habe aber den Eindruck, dass der Ersteller davon ausgeht, dass bei einer Unterteilung der GHS eine andere Einschnittiefe hat als der Einzelschlüssel. Das ist natürlich nicht richtig. Selbst wenn man einen ES hat und alle Stifte des Zylinders kennt, kann man nicht sicher die Einschnitte des GHS bestimmen.

Levedev
Benutzer
Benutzer
Beiträge: 15
Registriert: 3. Feb 2021 13:28
Eigener Benutzer Titel: Der Junge lockpicker

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von Levedev »

Ich habe mir den ghs der Schule ganz einfach anfertigen können weil ich genau wusste welcher Schnitt das ist den ghs habe dann mit einem gs verglichen und habe mir den ganz einfach nachgemacht die Anlage hat ein Zentral profil "vv" das kommt der gs1 den die Lehrer haben rein und der ghs den die schulleitung hat und gibt das noch untergeordnete profile wo der gs zwar rein passt aber nicht schliesst und der gs hat auch das ghs profil "vau" deswegen passt der auch überall rein und nachmachen konnte ich mir den weil ich mir ein schloss "geliehen" habe

Benutzeravatar
Schluesselmacher
Meister
Meister
Beiträge: 55
Registriert: 15. Jan 2013 13:53

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von Schluesselmacher »

gs33 hat geschrieben: 16. Apr 2023 02:04 Ich habe aber den Eindruck, dass der Ersteller davon ausgeht, dass bei einer Unterteilung der GHS eine andere Einschnittiefe hat als der Einzelschlüssel. Das ist natürlich nicht richtig. Selbst wenn man einen ES hat und alle Stifte des Zylinders kennt, kann man nicht sicher die Einschnitte des GHS bestimmen.
Es geht ja darum, alle möglichen Variationen der unterteilten Stifte in dem Zylinder herauszufinden, den der GHS schließt. Und die sind absolut überschaubar. Und eine dieser Kombination der Einschnitttiefen ist halt der GHS. Und die findet man definitiv (auch mit) raus mit diesem Verfahren, wenn man Zugang zu einem Zylinder hat, den der GHS schließt.

Meist sind in diesen Anlagen nur wenige Stifte unterteilt. Wenn es zwei Stifte sind, dann baut man sich halt die 2 hoch 2, also 4 Variationen. die sich damit erzeugen lassen auf einem GHS-Profil nach. Einer davon ist der GHS. Welcher davon, das testet man dann halt an einer größeren Menge von Zylindern der Anlage aus. Habe ich selbst mal in der Praxis getestet.

Der Trick bei diesem Verfahren ist ja, dass man Stift für Stift bzgl der möglichen Einschnitttiefen nacheinander ausprobieren kann (weil man alle anderen Stifte dabei immer mit der Einzelschließung schließt). Genau das reduziert die Anzahl der auszuprobierenden Variationen enorm.

Noch mal zur Verdeutlichung: Jeder Stift, der nicht unterteilt ist, erzwingt, dass die Einschnitttiefe für diesen Stift auf *allen* Schlüsseln der Anlage identisch sein muss! Wenn man da variieren würde, also zB Einzelschlüssel A hat da Tiefe 1 und Einzelschlüssel B hat da Tiefe 5, dann kann man zwar für jeden Einzelschlüssel einen solchen passenden Zylinder bauen - aber dann kann ein GHS nicht beide schließen. Er braucht diese Unterteilungen.

Zeiss Ikon variiert hier bzgl der (G)HS gar nicht so viel, wie man denkt. Das meiste machen sie über die zig Profile, die sie haben. Daher ist eine Fräsmaschine das Tool der Wahl :)

Je mehr Unterteilungen der Stifte, desto besser wird übrigens auch die Pickbarkeit.

wisi
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 137
Registriert: 19. Jun 2010 10:22

Re: Zeiss Ikon (General-) Hauptschlüsselanlagen

Beitrag von wisi »

Eine Variante davon ist: Man hat einen - bei großen Anlagen auch großen - (Haupt-)Gruppen und einen Einzelschlüssel, wo der (H)GS nicht schließt: Dann hat man nur noch die Kandidaten, wo sich diese beiden Unterscheiden, in einem PIN davon: Der GHS ist dann wie der (H)GS in der Schnittiefe des Einzelschlüssels an der Postion des Unterschieds. Meinst sind das nur 1-2. Hat man zwei möglichst disjunkte Gruppenschlüssel, ist der Unterschied in der Regel der GHS oder, wenn die die gleiche Position haben, dort eine andere Einschnittiefe.

Antworten