[GLOW=crimson]Sechs Blechschablonen bewachen ein Vermögen [/GLOW]
Bevor der Engländer Jeremiah Chubb dieses Schloß erfand, hatten Einbrecher noch goldene Zeiten. Paßte der Dietrich in das Schlüsselloch und durch die Schablone für den Schlüsselbart, ließ sich der Riegel verschieben.
Ganz anders beim Chubb-Schloß: Der Schlüsselbart trug einen Geheimcode, der mit den Öffnungen in den Blechscheiben übereinstimmen mußte.
Dieses Chubb-Schloß, das im 19. Jahrhundert gefertigt wurde, ist im Schloß- und Beschlägemuseum in Velbert ausgestellt. Noch heute verwendet man diesen Schloßtyp für die Sicherung von Tresoren.
Im allgemeinen sind es die Mächtigen und Weisen dieser Welt denen die Dichter in ihren Kunstwerken das Wort erteilen. Um so schmeichelhafter für einen Techniker und Erfinder, sich in diesen erlauchten Kreis einreihen zu dürfen. »Ich heiße Chubb und baue Schlösser seht sie euch an, ihr Diebe, und verzweifelt!« legte im 19. Jahrhundert ein Schriftsteller dem berühmt gewordenen englischen Schloßbauer in den Mund. Der Ruhm hätte Jeremiah Chubb wohl auch ohne dieses Gedicht überdauert, denn noch immer trägt ein Sicherheitsschloß seinen Namen, das unter Experten heutzutage als eines der sichersten gilt: das Chubb-Schloß.
An dieser Stelle muß man allerdings anmerken, daß dem Erfinder Chubb zuviel der Ehre widerfuhr. Denn schließlich war es der mittlerweile fast vergessene Engländer Robert Barron, der die Idee zu dieser neuen Art von Schloß hatte und sie sich 1778 auch patentieren ließ.
Das Neue daran waren die sogenannten Zuhaltungen, bewegliche Teile im Schloßgehäuse, die erst beim Umdrehen des Schlüssels den Riegel freigaben. Die alten Schlösser waren im Vergleich dazu höchst primitiv. Es genügte, wenn der Schlüssel und das Schlüsselloch die gleiche Form hatten, bei aufwendigerer Technik mußte der Schlüsselbart bei der Drehung eine Schablone passieren. Nachteil dieser Schlösser: Mit einem schlanken Dietrich kam man in jedes Schlüsselloch und an der Schablone vorbei, um den Riegel zu verschieben.
Chubb-Schloß: Sechs bewegliche Blechscheiben sichern den Riegelbolzen. Nur wenn sie einen gemeinsamen Kanal freigeben, lassen sich Bolzen und Riegel verschieben. Beides bewerkstelligt der Schlüssel in einem Arbeitsgang. Die ersten sechs Treppen im Schlüsselbart verschieben die Bleche, die siebte Stufe den Riegel.
Ganz anders beim Barron-Schloß:
Hier wurde den Dietrichbiegern ein Strich durch die Rechnung gemacht. Zwei dünne Metallplatten mußten beim Drehen des Schlüssels durch den abgestuften Schlüsselbart angehoben und gegeneinander verschoben werden. Nur in einer bestimmten Stellung zueinander wurde ein Verbindungskanal zwischen zwei Löchem in den Platten freigegeben. Durch diesen Kanal konnte man dann einen Bolzen schieben, der mit dem Riegel verbunden war.
Zerlegtes Chubb-Schloß: In jeder der sechs Blechplatten (hier drei) liegt der Kanal für den Riegelbolzen in einer anderen Höhe.
Was Chubb an diesem Schloß veränderte: Statt zwei Zuhaltungen baute er sechs ein und erreichte dadurch über 100000 verschiedene Möglichkeiten, wie ein Schlüssel mit seinen verschieden hohen »Stufen« die Zuhaltungen anheben kann, um einen »Kanal« für den Riegelbolzen zu öffnen. Zusätzlich baute er noch einen »Detektor«-Mechanismus ein, der die Zuhaltungen blockiert, sobald jemand mit einem Dietrich daran herumfummelt.
Da sein neues Schloß schnell ein Renner wurde, mußte sich Chubb bald gegen die Angriffe der Konkurrenz wehren. Die Firma des legendären Schloßbauers Joseph Brahmah behauptete beispielsweise, das Chubb-Schloß sei nicht stabil genug, um den Anforderungen des täglichen Gebrauchs gewachsen zu sein.
Chubb konstruierte daraufhin eine Maschine, die den Schlüssel mit hoher Geschwindigkeit insgesamt 460000 mal in seinem Test-Schloß hin-und herdrehte. Da das Schloß anschließend noch immer funktionierte, war der Angriff damit eindrucksvoll abgeschmettert.
Weitere öffentliche Anerkennung bekam Chubbs Erfindung durch einen englischen Sträfling, der behauptete, er könne jedes Schloß knacken. Für den Fall eines »Erfolgs« über das Chubb-Schloß versprach man ihm die Freiheit und stellte ihm auch das nötige Werkzeug zur Verfügung. Nach drei Monaten vergeblicher Anstrengungen kehrte er jedoch resigniert ins Gefängnis zurück und erklärte das Schloß kurzerhand für unknackbar.
Der Geheimcode: Die Lage der Kanäle ist auf die Treppen im Schlüsselbart abgestimmt. Nur er bringt die Kanäle zur Deckung. Wollte man das Schloß per Dietrich öffnen, müßte man sieben von ihnen verwenden. Problem: Wie bringt man sie gleichzeitig ins Schlüsselloch ? Und wie soll man mit Ihnen alle Platten in die richtige Stellung drehen ?
Zu Chubbs Erstaunen hatte der Sträfling allerdings unrecht: 1851 schaffte es der amerikanische Erfinder A.C. Hobbs mit einem speziell entwickelten Werkzeug, das Chubb Schloß innerhalb von drei Minuten zu öffnen. Doch Jeremiah Chubb machte das beste aus diesem Vorfall: Er tat sich mit Hobbs zusammen und entwickelte mit ihm eine verbesserte Version. Heute gilt das Chubb-Schloß in der besten Ausführung als das sicherste mechanische Schloß überhaupt - fast alle Tresore werden mit diesem System versperrt.
Den überzeugendsten Zuspruch für die Qualität ihrer Schlösser bekam die noch heute bestehende Firma Chubb wohl 1959 von einem professionellen Einbrecher. »Glauben Sie es mir«, schrieb er in einem Brief. »In 35 Jahren habe ich keines Ihrer Sicherheitsschlösser aufbekommen, die sind unüberwindlich. Gratuliere!«
Original-Titel: Das Chubb-Schloß[email]"ssdev@axs.de?Subject=Chubb Schloss"[/email]Copyright 2000 - Sportgruppe Frankfurt
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